CD Kritik Progressive Newsletter Nr.27 (09/1999)

Solaris - Nostradamus
(59:59, Periferic Records, 1999)

Leider wird das Solaris - Interview erst in der nächsten Ausgabe zu lesen sein. Ich habe es nicht geschafft, es noch für dieses Heft zu übersetzen (zu faul). Darum wird dieser Text vielleicht etwas "nackt" erscheinen. Wenn ihr in ein paar Monaten beide Hefte vorliegen habt, könnt ihr beides im Zusammenhang noch einmal lesen. Bis dahin der "nackte" Text. Die neue Platte der Ungarn, die eigentlich erste Studioplatte seit der Wende (die nicht nur auch in Ungarn stattgefunden, sondern von dort ihren Ausgang genommen hat). (Doch nicht so nackt, der Text, nicht wahr?) Nostradamus beginnt mit dem 20minütigen Dreiteiler "Próféciák Könyve", der vor allem aus molllastigen und düsteren Tönen besteht, die sich aus der immerwährend gleichen, großen Melodie in härteren Rock über Chorstimmen entwickeln. Solaris gleichen mit ihrem 99er Output ihren anderen Platten sehr. Stilistische Neuaufnahmen sind chorale Gesänge, ungarische (siehe Interview) Folklore und eine getragenere Epik. Tiefe Männerstimmen, Hammond und die angenehmen, schon typischen Solaris - Momente, die abseits gängiger Prog Klischees stehen starten im zweiten Song "A Párviadal". Der Song hätte ohne Schwierigkeiten auf "Martian Cronicles" sein können. Dennoch machen Solaris sich selbst nicht nur einfach nach, sondern sie haben es wirklich drauf, Songs zu entwickeln, zu komponieren, arrangieren, zusammenzufügen. Eines der bestimmenden Instrumente neben der Gitarre und den Keys ist die Flöte, die in keinem Song fehlt. Keiner braucht an Jethro Tull zu denken, Solaris sind - wie man so zu sagen pflegt - eigenständig. Hin und wieder kommen Solaris der Popmusik nahe, weil ihre ausgefeilten Arrangements teils leicht ins Ohr gehen. Auch hat's in einigen Songs etwas langatmige, leere Passagen, die nicht unbedingt hätten sein müssen, jedoch, das schlucken wir, ohne uns zu vergiften (in Poprichtung, meine ich). Die CD enthält als Bonustrack (jetzt kommen schon ganz normale Neuerscheinungen mit "Bonus"-Tracks auf den Markt..., danke) die Kurzfassung des 20 Minuten Epos, womit man das Radio ganz gut füttern kann. Aber mal ehrlich, wer hört überhaupt Radio, ich meine Popsender im Radio, das ist doch die wahre Seuche, oder?

Volkmar Mantei



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