CD Kritik Progressive Newsletter Nr.27 (09/1999)

Ruphus - Ranshart
(33:35, Pan Records, 1974)

Das Graben in der scheinbar unerschöpflichen Schatztruhe der Geschichte hat wieder einmal äußerst Erstaunliches bzw. Hörbares zu Tage befördert. Ruphus zählten in den 70ern zu den wichtigsten Bands Norwegens, die auch bei uns in Insiderkreisen einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichten. Waren die ersten Alben noch sehr vom melodischen, aber durchaus komplexen Progressive Rock der frühen 70er geprägt, so orientierte man sich später immer mehr Richtung Jazz Rock. Ihr nun als CD Reissue vorliegendes zweite Album "Ranshart" qualifiziert die Skandinavier für die Prog Oberliga der 70er, denn sie beweisen sich als perfekte Vertreter sinfonischer Rockmusik. Bereits der Opener "Love is my light" offenbart deutlich Parallelen zu Yes in den Vokalharmonien und -arrangements. Doch auch im instrumentalen Bereich, in Stimmung, Spielweise und Ausdruck erkennt man immer wieder Vergleiche zum Rockdinosaurier. Wie bei den ähnlich geprägten Starcastle oder Druid bricht ab und zu ein federnder Basslauf aus, die Melodien scheinen einem irgendwie bekannt, doch klingen Ruphus keineswegs nach bloßen Plagiat, der deutliche hörbare Einfluss tut der Musik nur gut. Meist stehen Gitarre und druckvolle Bassläufe im Vordergrund, bei "Pictures of a day" bekommt die Flöte ihr Recht, den Keyboards kommt weitgehendst nur eine begleitende Statistenrolle zu Teil. Doch gelegentlicher Mellotronsound, fließender Hammondsound und weiche, prägnante Synthiesoli sorgen für eine wohlige Atmosphäre. Neben den wunderbaren Gesangsharmonien, die dieses melodische Meisterstück auf höchstes Niveau befördern, besticht die Musik von Ruphus auch durch ihren Einfallsreichtum in den abwechslungsreichen Kompositionen, der das Zuhören auch beim wiederholten Male nie langweilig werden lässt. Leider ist die Laufzeit viel zu kurz geraten, doch lieber fünf Stücke mit etwas mehr über einer halben Stunde sehr guter Musik, als nichtsagendes Füllmaterial auf maximaler CD Länge. Zugreifen und genießen.

Kristian Selm



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