CD Kritik Progressive Newsletter Nr.27 (09/1999)

New Trolls - Concerto Grosso No. 1 & No. 2
(70:45, Warner Fonit, 1971/76)

Die New Trolls gehören zu den ganz großen Namen in der italienischen Prog- Szene. Neben PFM, Le Orme und Banco sind sie auch außerhalb des Stiefels bekannt geworden und haben in Japan immer noch einen gewissen Kultstatus. Ihr Ruhm wurde nicht zuletzt durch die nun auf einer CD zusammengefassten Alben aus den Jahre 1971 und 1976 begründet (und damit wären sie dann überhaupt die erste nennenswerte Prog- Formation). Das erste "Concerto Grosso per i New Trolls" war in der Tat ein für sie komponiertes Werk (von Luis Enriquez Bacalov) - eine Art pop-barockes Konzert mit Streichern, Lead- Gitarre und Rockband und Shakespeare- inspirierten Texten (Hamlets "To die, to sleep, perchance to dream" wird bei ihnen einfach zu "To die, to sleep, maybe to dream"). Der Sound hat Anleihen an die Holländer von Focus (v.a. die Flöte... nein, sie klingt nicht wie die von Ian Anderson!) und an die Orgel und die Gitarre im "Concerto" von Deep Purple. Letzteres war zwar ein Jahr zuvor erschienen, hat ist aber eher der Klassik Beethovens verbunden - das "Concerto grosso per i New Trolls" ist also bestimmt kein Plagiat. Die Vocals sind nicht immer gelungen - weder beim Concerto, noch beim zweiten Stück der Scheibe, einer 20minütigen Improvisation, bisweilen etwas kitschig, etwas arg 70ies- mäßig, wen das nicht so sehr stört, der kann in "Concerto grosso per i New Trolls" ein epochemachendes Werk erkennen, eine der gelungenerem Symbiosen von Rockmusik und Klassik. 1976 versuchte man den Erfolg der ersten Concerto zu wiederholen. Auch dieses Mal wurde Enriquez als Komponist herbeigeholt, doch so recht kann das "Concerto grosso N.2" nicht begeistern. Vielleicht läge es weniger am "Concerto" selbst, wenn man von den bisweilen käsigen Synths absehen würde, wenn da nicht die mittlerweile unerträglich schmalzigen Chöre wären. Das klingt bisweilen eher nach den "Les Humphries Singers" (Ein Lob an all jene, an denen dieser Kelch in der Kindheit vorübergezogen ist!). Vielleicht liegt es eher an der gefälligeren, um Effekte bemühten Produktion. Definitiv sind die anderen Songs auf dem Album Ausschussware mit Massenqualität - einzige Ausnahme die Blues- Ballade "Quiet Seas" (in erstaunlich gutem Englisch) und - Proggott sei Dank - ohne wimmernden Chöre. Der Rest ist wie gesagt Ausfall, bestenfalls der italienischen Songwriter- Szene verpflichtet (aus der sie ja auch stammen, waren sie doch lange der italienischen Songwriter- Legende Fabrizio De André verbunden), wie in "Vent'anni", in "Bella come mai" und "Let it be me" megaultrahyperschmalzig und in "Le Roi Soleil" ein Pop-Rock, der sich an ELO und / oder Queen orientiert - und das noch nicht einmal besonders überzeugend. Fazit: Eine randvolle CD die einen ernüchternd klarmacht, dass auch legendäre Bands mit ihren legendären Alben nicht immer gerechtfertigt in den Prog- Olymp gehoben werden. Wer wirklich guten italienischen Prog hören möchte, sollte sich lieber an die anderen o.g. Mega- Acts der Szene halten.

Sal Pichireddu



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