CD Kritik Progressive Newsletter Nr.27 (09/1999)
Hughscore - Delta Flora
(58:38, Cuneiform, 1999)
Hugh Hopper kann auf eine bewegende Vergangenheit zurückblicken. Zusammen mit Daevid Allen und Robert Wyatt arbeitete er bereits 1963 in einem Jazz und Dichtertrio zusammen. Er war ebenfalls Mitbegründer der Wilde Flowers aus denen später Caravan und Soft Machine entstanden. "Delta Flora" ist nun das dritte Album unter diesem Projektnamen, die der Bassist und Komponist zusammen mit den aus Seattle stammenden Musikern Fred Chalenor (Bass, Gitarre), Elaine di Falco (Akkordion, Rhodes, Orgel, Synthesizer, Gesang) und Tucker Martine (Schlagzeug) aufnahm. Als weitere Gastmusiker sind u.a. Elton Dean am Saxophon und Dave Carter an der Trompete dabei. "Delta Flora" ist einerseits songorientiert, nimmt aber ebenso moderne Einflüsse auf, wobei natürlich auch der Background der Mitmusiker nicht eine unerhebliche Rolle spielt - Tucker Martine spielt ansonsten in einer Art Ambient / Improvisation / Country Ensemble, die anderen beiden haben einen Jazzbackground. Der Opener "Was a friend" greift so z.B. aktuelle Trip-Hop Strömungen à la Portishead auf, der Rhythmus wirkt aber wesentlich lebendiger. Im Gesamteindruck drängt sich ebenfalls zu den völlig unterschätzten Edge auf, die bereits 1991 mit "Sarcastic fringeheads" ein ähnlich angelegtes Album veröffentlichten. Im weiteren Verlauf der CD drängen sich immer wieder Saxophon, Trompete, Flöte oder Trompete in den Vordergrund, die Melange aus jazzigen Soli und trägen, hypnotischen Rhythmen geben dem Ganzen aber einen besonderen Reiz, der gefangen nimmt. Die weiche Rhodes und Orgeluntermalung setzt dazu den Gegenpol, wobei auch Keyboarderin Elaine di Falco mit ihrer samtenen Stimme einige wohlige Farbtupfer setzt. Doch verliert die Musik ab Mitte der CD ein wenig von ihrer Leichtigkeit, da immer mehr reiner Jazz mit zu freien Strukturen die Oberhand gewinnt. Zwar musizieren hier ausgezeichnete Musiker miteinander, doch ist die besinnliche Ruhe der ersten Nummern genau das, was den Reiz dieses Album ausmacht. Nach diesen Ausflügen in freie Gefilde findet die CD auf der Zielgeraden aber wieder zur alten Stärke zurück und beschließt zwar mit mehr Drive, aber genau der gleichen Wandlungsfähigkeit wie zu Beginn, das Album. Trotz der vielen jazzigen Elemente ist "Delta Flora" kein reines Improvisationschaos. Ein äußerst offenes Ohr für andersklingende Musik sollte man aber dennoch haben, um sich in diesen ewig fließenden, ruhigen Klängen zurechtzufinden. Gepflegt abgeklärte Musik, voll innerer Schönheit.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1999