CD Kritik Progressive Newsletter Nr.27 (09/1999)
Discus - 1st
(61:38, Mellow Records, 1999)
Ich dachte wirklich, wir hätten jetzt alle exotischen Länder schon mal gehabt, aus denen Prog kommen könnte. Doch weit gefehlt, wie einen diese CD aus Indonesien belehrt. Ein lapidares "Klasse" auf dem kleinen Beipackzettel als Zitat von unserem Haus-und-Hof-Lieferanten Thomas Jörger trieb die Spannung schier ins Unermessliche. Gleich das erste Stück kann mich voll und ganz begeistern. Eine teils wilde Mischung aus Prog und Jazz quietscht mir da entgegen. Kollege Krissi winkt da eher ab nach dem Motto "klingt wie Deus". Und tatsächlich kann man einige (kleine) Parallelen zu den abgefahrenen Italienern Deus Ex Machina heraushören. Genau wie dort, gibt es auch hier immer wieder mal fetzige und dudelige Einsätze von E-Gitarre und Geige, dass einem die Haare zu Berge stehen. Im Ganzen gesehen erinnert mich das aber noch viel mehr an die japanischen Jazz-Progger Kenso, v.a. die ruhigen Flötenteile und die laszive Jazz Rock Stimmung. Also schlicht und einfach ein saugutes Stück feinsten Progs! Gitarre, Geige, Flöte (und natürlich die "üblichen" Instrumente Drums, Bass und Keyboards) - da ist ja ganz schön was los. Aber um noch einen draufzusetzen, kommen noch Klarinette, Saxophon (sporadisch) und dann sogar noch balinesische Percussionsinstrumente dazu, denn im Longtrack "Contrasts" am Schluss gibt's dann etwas original indonesische Gamelanmusik. Schon das zweite Stück ist dann aber leider nichts mehr für mich, denn dieser coole Bar-Jazz mit Sängerin erinnert mich mehr an Fahrstuhlmusik. "Doc's tune" dagegen ist dann etwas schräger, reiner Jazz Rock. Danach eine (für mich zu) ruhige Ballade und danach eine Mischung aus Indonesien-Pop und Light-Prog mit Flöte. Kann mich leider auch nicht überzeugen. Dann wieder Barmusik und ein Stück mit ausschließlich wabbernden langsamen Violinenklängen. Na jetzt muss aber noch ein Hammer kommen, um die Platte noch zu retten. Leider dringt im letzten Lied nur Pop-Jazz an meine Ohren, der jeder indonesischen Samstagabend Familienshow entsprungen sein könnte. Der Schlusstrack mit knapp 13 Minuten fängt dann mit einer Mischung aus Prog und Gamelanmusik an und entwickelt sich zu einem guten Stück mit häufigem Flöteneinsatz, ähnlich dem ersten, nur nicht so wild - leider! Die achtköpfige Band Discus legt mit ihrem Debüt gleich ein beachtliches Stück Musik vor. Sehr gute Musiker und eine gute Produktion würden einen bei dieser Musik, wenn man sie blind hören würde, kaum an eine ostasiatische Band außerhalb Japans denken lassen. Alle die am Grenzbereich zum Jazz Rock interessiert sind, sollten mal ein Ohr riskieren. Meine Wenigkeit hätte gern mehr Lieder vom Schlag des genial-chaotischen Eingangstracks gehabt. Leider driftet man danach in Schmuse-Jazz-Bereiche ab, mit denen ich leider nichts anfangen kann.
El Supremo
© Progressive Newsletter 1999