CD Kritik Progressive Newsletter Nr.26 (07/1999)
John Wetton - Nomansland
(67:30, GEP, 1999)
Was steckt eigentlich für ein tiefer Sinn dahinter, fast jeden Auftritt von John Wetton auf CD zu veröffentlichen? Muss unbedingt dokumentiert werden, mit welchen wechselnden Besetzungen alte Klassiker passabel nachgespielt oder peinlich verhunzt wurden? "Nomansland" setzt auf den ersten Blick diese negative Grundeinstellung fort. Laut Cover sind es 14 Titel, der CD Player zeigt aber 13 Nummern an. Der Titel "Bygosh!!" verschwimmt im Intro zu "Easy money", wird aber als eigenes Lied angeführt. Die Songs wurden auf der "Arkangel" Tour 1998 in Polen mitgeschnitten, im Satz darunter heißt es aber es, dass zusätzliches Material noch in Frankreich, Schweiz und Holland aufgenommen wurde. Ist dieses Album vielleicht gar nicht live? Fragen über Fragen, die wahrscheinlich nicht einmal John Wetton selbst beantworten kann. Aber abgesehen von diesen Mängeln, ist "Nomansland" ein wirklich gutes Livealbum, dass die anderen minderwertigen Livemitschnitte der letzten Zeit vergessen lässt und als einziges einen Kauf rechtfertigt. Die Produktion klingt ausgewogen, John Wetton ist stimmlich (fast) immer auf voller Höhe und seine Band, die diesmal aus Martin Orford (IQ), Steve Christey (Schlagzeug) und David Kilminster (Asia) besteht, kann spieltechnisch ebenfalls überzeugen. Von der Auswahl her, bekommt man den üblichen Mix aus alten und neuem, wobei der Rückblick in die Vergangenheit deutlich überwiegt. Von "Arkangel" gibt's "The last thing on my mind", "Emma" und "After all", Martin Orford darf ein besinnliches Keyboardsolo zum Besten geben, während sich die gesamte Band mit "The birth of Igor" ebenfalls von der ruhigen Seite zeigt. Gerade die Balance aus ruhigen Akustikstücken und powervollen Rock wurde auf "Nomansland" gelungen umgesetzt. Zwar führt David Kilminster mit seinen Soloeinlagen die Musik von King Crimson, UK oder Asia in ziemlich harte Gefilde, aber dies gibt der Musik auch die Kraft, sich über die Jahrzehnte zu retten, auch wenn die Originale mitreißender sind und wahrscheinlich unerreichbar bleiben. Dennoch haben die Neuinterpretation von "Starless" oder "Easy money" einen charmanten eigenen Reiz, die Band spult hier nicht nur einfach ihr Standardprogramm ab, sondern verleiht den Songs einen neuen Geist. Wenn schon John Wetton live, dann bitte nur auf dem Niveau von "Nomansland".
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1999