CD Kritik Progressive Newsletter Nr.26 (07/1999)

Rick Wakeman - Return to the centre of the earth
(76:51, EMI Classics, 1999)

25 Jahre nach Veröffentlichung seines Klassikers "Journey to the centre of the earth" hat es Rick Wakeman endlich geschafft, die Fortsetzung der Geschichte (frei nach Jules Verne) zu veröffentlichen. Dass es zu dieser Art Jubiläum kam, war eigentlich nicht so eingeplant, denn die Idee zu einer Neuauflage hatte Rick bereits zu Anderson-Bruford-Wakeman-Howe-Zeiten. Doch erst im vergangenen Jahr fand sich ein seriöses Label, das bereit war, die finanziellen Risiken für ein derart ambitioniertes Werk zu tragen. Um eines direkt klarzustellen: es handelt sich hierbei nicht um eine Neueinspielung des 74er-Materials, sondern um ein komplett neues Album. Obwohl - auch ich als ausgewiesener Wakeman-Fan muss zugeben, dass so manche Synthi-Einlagen mich frappierend an Journey- bzw. King Arthur-Zeiten erinnern. Für das vorliegende Projekt wurden keine Kosten und Mühen gescheut, Wakeman hatte in der Auswahl der beteiligten Musiker freie Hand. Wie schon bei der Erstauflage sind das Londoner Sinfonie Orchester und der Englische Kammerchor mit von der Partie, für die Covergestaltung zeichnete Roger Dean verantwortlich, als Geschichtenerzähler wurde kein Geringerer als Patrick Stewart alias Captain Picard engagiert (beide Seiten waren übrigens von ihrer Zusammenarbeit restlos begeistert). Die Band besteht neben Wakeman aus Fraser Thorneycraft-Smith an der Gitarre, Phil Williams am Bass und Simon Hanson am Schlagzeug. Als Gastsänger wurden verpflichtet (in order of appearance): Ozzy Osbourne, Bonnie Tyler, Tony Mitchell, Trevor Rabin, Justin Hayward und Katrina Leskanich. Dass Wakeman endlich mal wieder - verdientermaßen - positive Kritiken erntete, freut mich sehr. Auch ich reihe mich gern in die Schar der Befürworter ein, möchte aber trotzdem mit einigen kleinen Schwächen dieses Albums beginnen. Die Wahl der Gastsänger scheint mir alles andere als optimal ausgefallen zu sein, zumindest Bonnie Tyler wirkt völlig deplaziert. Auch Moody Blues-Sänger Justin Hayward überzeugt mich auf dem ansonsten wunderschönen Titel "Still waters run deep" nicht sonderlich. Bei den Orchester- und Chorarrangements, die deutlich mehr Raum einnehmen als bei der Erstauflage, bin ich etwas gespalten. Auf der einen Seite wirken manche Chorpassagen einfach zu bombastisch und pathetisch - als Begleitung gefallen sie mir wesentlich besser als in führender Rolle; irgendwie unpassend finde ich es auch, wenn das Orchester sehr rockig klingen soll, wie z.B. im Ozzy-Song "Buried alive". Auf der anderen Seite wimmelt es aber geradezu vor brillanten Orchester- und Chorarrangements, speziell in den ruhigeren Phasen, wenn also nicht gerade die Erde bebt oder Saurier miteinander kämpfen. Die vielen kurzen Titel, in denen Patrick Stewart die Geschichte erzählt, werden vom Orchester untermalt (ursprünglich sollte es nur Piano-Begleitung sein), und gerade hier hat Wakeman fantastische Arbeit geleistet. Als Keyboarder tritt er gar nicht so sehr in Erscheinung (auch die Rockband arbeitet eher unauffällig), doch als Komponist und Arrangeur hat er hier z.T. überragende Arbeit abgeliefert. Am ehesten kommt sein Tastenspiel auf einem der Highlights des Albums, "The dance of a thousand lights", zur Geltung. Weiterer Anspieltipp: "Never is a long, long time" mit dem Gastauftritt seines besten Kumpels zu YES-Zeiten, Trevor Rabin, der in diesem Stück auch eines seiner typischen genialen Gitarrensoli beisteuert. Natürlich ist Return kein Album, das man zig-mal hintereinander rauf und runter hören sollte, aber, in moderater Dosierung verabreicht, kann es immer wieder begeistern. Sollten die angestrebten Verkaufszahlen so halbwegs erreicht werden, steht ein möglicher Konzerthöhepunkt bevor, denn für diesen Fall ist eine gigantische Tour mitsamt Orchester und Chor geplant, wobei das Bühnenbild von Roger Dean erarbeitet wird. Also: kaufen!

Jürgen Meurer



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