CD Kritik Progressive Newsletter Nr.26 (07/1999)

Tempus Fugit - Live official bootleg
(70:11, Rock Symphony, 1999)

Wie bereits im Interview weiter vorne angedeutet, ist diese Veröffentlichung ein Livemitschnitt eines Konzertes aus Rio vom Februar 1998. Die Qualität entspricht, wie der Name es schon andeutet, ordentlichen Bootlegqualitäten. Das heißt, die Abmischung der einzelnen Instrumente ist nicht immer sehr ausgewogen, auch müssen bei der etwas dumpfen Klangqualität einige Abstriche gemacht werden. Im Vergleich zu manch anderen inoffiziellen Bootlegs, ist das Gesamtresultat aber durchaus anhörbar. Die Musik der Brasilianer lässt sich am besten als hochmelodischer, sinfonischer Neo Prog umschreiben. Abwechselnd spielen sich Keyboards und Gitarre in den Vordergrund, mal sind es epische Klangteppiche, dann wieder sachte Pianountermalung oder aber die Saiten schrauben sich euphorisch in die Höhe. Zwar holpert's manchmal bei den Übergängen, dennoch fließen die Lieder in einem stetigen Strom von melodiöser Abwechslung, immer gut anhörbar in sich fort. Angekündigt von einem aggressiven Ansager, geht es zu Beginn erstmals rein instrumental, im flotten Mid-Tempo Bereich zu Werke. Doch bereits beim ersten Gesangstitel "Never" kommt der leicht traurige, brasilianische Einfluss zum Tragen. Der Gesang ist sicherlich keine Offenbarung, fügt sich aber gerade noch einigermaßen harmonisch in die von weichen Melodielinien gesponnene Musik ein. Glücklicherweise sind die Gesangsparts bei Tempus Fugit eher in der Unterzahl, somit ist genug Raum für die Ausfaltung der feinen, positiven Phrasen, bei der auch mal die akustische Gitarre zu ihrem Recht kommt. In der Gesamteinschätzung der massenhaften Veröffentlichungsflut aus Brasilien, die bei uns meist wenig Gegenliebe findet, gehören Tempus Fugit mit Sicherheit zu den derzeit besten Bands aus Südamerika. Die brasilianische Variante des Neo Progs mit leicht sentimentalem Einschlag, hat so durchaus ihre unbestreitbare Reize.

Kristian Selm



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