CD Kritik Progressive Newsletter Nr.26 (07/1999)

Banda Do Casao - Também eu
(64:08, EMI/ Valentim De Carvalho, 1982)

Manche Alben entdeckt man zufällig, andere gezielt: Dieses entdeckte der Rezensent durch eine glückliche Fügung des Schicksals - Portugal gilt nun wirklich nicht als sonderlich erquickliches Terrain für progressive Musik - zumindest ist von der fernen Atlantikküste kaum mal etwas zu uns herübergeschwappt. Dass die Portugiesen durch aus eine lebendige Musikszene haben, ist vielleicht noch bekannt - der allgegenwärtige Fado durchdringt alle Musiken und beherrscht insgesamt - die melancholische Grundstimmung dieser Musik dringt auch das vorliegende Album "Também Eu" - wenn es an dieser Stelle vorgestellt wird, so kann man davon ausgehen, dass es zumindest noch einige andere Elemente, eben progressive enthält. Das Album weiß von den ersten Takten zu fesseln: Ein Cello, eine Flöte, dann setzt die komplexe Rhythmik ein: Niemand anders als der große Jerry Marotta zeichnet sich hier für die Drums, aber auch akustische Gitarre (!) und Saxophon (!!) verantwortlich. Doch schon verzaubert die Sängerin Né Ladeiras mit ihrer melancholischen, fast sphärischen Stimme und geheimnisvoll klingender Sprache (und geheimnisvollen Wortketten) den Hörer. "Também Eu" ist ein Album mit starken akustischen Elementen - wer auf der Suche nach harten Gitarrenriffs ist, der wird hier enttäuscht werden. Statt dessen dominiert das Cello als Soloinstrument, bisweilen auch die Flöte - immer unterstützt von akustischen Gitarren und dezenten Keyboardklängen. Die Musik der Banda Do Casao ist nicht mit anderen südeuropäischen Prog-Produktionen zu vergleichen - sicher fände man im spanischen oder italienischen Prog die eine oder andere Ähnlichkeit, doch ein solcher Vergleich würde stets hinken: Die Musik der Portugiesen ist eigenständig, eben portugiesisch und verzaubert den Hörer - eine Reise in ein anderes Land, vielleicht in eine andere Zeit. Für Freunde folkig angehauchten Progrocks mit weiblichen Lead Vocals (Renaissance, Curved Air) ist dieses Album bestimmt eine Entdeckung, doch auch alle anderen Prog Fans alter Schule sollten erwägen, diese höchst verführerische Einladung in die Musikszene eines anderen Landes anzunehmen. Es lohnt sich.

Sal Pichireddu

Bezugsadresse: http://www.webdisc.pt

© Progressive Newsletter 1999