CD Kritik Progressive Newsletter Nr.26 (07/1999)
Ice Age - The great divide
(74:28, Magna Carta, 1999)
In ihrer Heimat werden sie schon mit Lobeshymnen überschüttet. Vor allem live gehörten Ice Age auf dem Powermad Festival '98 zu den Abräumern. Im Großraum New York haben sie sich in der Clubszene zu einer festen Größe etabliert, auch beim diesjährig größten Prog Festival an der Ostküste, dem North East Artrock Fest, standen sie neben IQ und Spock's Beard auf dem Line-Up. Doch bei soviel Vorschußlorbeeren ist immer eine gesunde Portion Skepsis angebracht. Und der erste Höreindruck täuscht nicht, denn "The great divide" reiht sich zuerst einmal in die lange Reihe progressiver Metal Alben aus den U.S.A. ein. Doch genaues Hinhören lohnt auch hier. Zwar erfinden Ice Age den Stil keineswegs neu, doch im Gegensatz zu vielen anderen Bands gelingt ihnen die Balance zwischen hymnischen Melodien, einprägsamen Hooklines und technisch anspruchsvollem Metal. Bei den vier Amerikanern gibt es nicht nur ein Breakfestival zum Selbstzweck, über einen komplexen Unterbau finden sich immer wieder frische Ideen, die den Mix interessanter als bei vergleichbaren Bands erscheinen lassen. Die Vergleiche mit Styx, Kansas, Saga oder Journey hinken zwar deutlich hinter den Ansprüchen hinterher, denn weitgehendst herrschen doch die härteren, aggressiveren Töne vor. Doch die Keyboards bekommen nicht nur eine Statistenrolle zugewiesen, immer wieder drängen sie sich mit verschiedenen Sounds und Soloeinlagen in den Vordergrund. Zugleich ist Keyboarder Josh Pincus auch der Sänger, mit manchmal etwas zu viel Pathos in der Stimme, erinnert er recht stark an Dream Theaters James LaBrie, wie auch in den Arrangements ein unverkennbarer DT Touch zu erkennen ist. Neben technischen Kabinettstückchen ist mit "One look away" auch eine Ballade auf dem Album zu finden, neben nötiger Härte, gibt es immer wieder kürzere Nummern zum Verschnaufen und Mitträllern. Ice Age heben sich mit ihrem Debüt wohltuend vom metallischen Einheitsbrei ab.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1999