CD Kritik Progressive Newsletter Nr.26 (07/1999)
Encores, Legends & Paradox - A tribute to ELP
(64:47, Magna Carta, 1999)
So! Jetzt dürften aber bald keine Megabands mehr übrig sein, die es wirklich wert wären, ein Tribute-Album für sie zu veröffentlichen. Außer den hier "beehrten" ELP fällt mir da nichts mehr ein. Nun, die CD in Händen fällt mir dafür kurz das schlechte ELP-Tributealbum der Italiener vom letzten Heft ein. Aber nur ganz kurz, denn ich will mir ja nicht den Tag verderben. Schon das gute Artwork dieser Magna Carta Produktion hebt sich gleich wohltuend von eben erwähnter Billigproduktion ab. Und auch die Latte der beteiligten Musiker liest sich wie ein Who-is-who des zeitgenössischen Prog. Da wären u.a. Peter Banks, Robert Berry, Geoff Downes, Trent Gardner, Igor Khoroshev, James LaBrie, Erik Norlander, Simon Phillips, Mike Portnoy, oder John Wetton, um nur die bekanntesten zu nennen. Dementsprechend auf hohem Niveau, sowohl handwerklich, kompositorisch, wie auch produktionstechnisch, bewegt sich diese Scheibe. Wer sich noch an die oben erwähnte Kritik des anderen ELP-Tributes erinnern kann, weiß, dass ich eigentlich kein ausgesprochener Freund solcher Tributealben bin - hier ist das aber anders! Dieser Silberling ist für mich das gelungenste Tributealbum bisher. Von den eingangs erwähnten allgemeinen Vorzügen mal abgesehen, sind aber auch die einzelnen Lieder fast ausnahmslos positiv zu sehen. Woran liegt's? Ich denke, weil man sich hier die meiste Mühe gemacht hat, die Songs etwas umzuarrangieren und nicht nur Ton für Ton alles nachzuspielen. Weiterhin macht es echt Spaß, einige der alten Klassiker in modernem, luftigen Gewand zu hören. Je die Hälfte der zehn Lieder sind einerseits von Trent Gardner (Magellan) bzw. Robert Berry arrangiert und produziert worden. War was produziert hat, kann man auch ohne Blick ins Booklet heraushören, insbesondere bei Trent Gardner, bei dem sich ab und zu leicht der Magellan-Sound durchpaust. Aber auch Robert Berry hat seine Sache sehr gut gemacht. Bei ihm klingen die Stücke teilweise recht unterschiedlich im Vergleich zu Original. Und das, obwohl er ja zum erweiterten ELP-Dunstkreis zu rechnen ist (Ende der 80er mit Emerson und Palmer als "3"). Gleich beim ersten Knaller "Karn Evil 9, 1st Impression" lässt Berrys Gitarre massig die Funken sprühen, aber ohne ins Heavy-Genre abzugleiten. Während das relativ kurze "Bitches crystal" noch eher originaltreu daher kommt, kann Trent Gardner im folgenden "Toccata" schon mehr improvisieren und auch Peter Banks lässt seine elektonisch verfremdete Gitarre jaulen. Das straighte "Knife edge" behält seinen Charakter, auch durch die Shouter-Stimme von Glenn Hughes. "A time and a place" kommt dann Dank James La Brie's Stimme und Martin Barre's Gitarre recht heavy daher und erinnert stellenweise an Dream Theater. Anderseits gibt's auch geniale neue Hammond-Teile (von John Novello), die dem Lied wirklich ein neues Gesicht geben. In dieser Version hat das sonst eher farblose Lied sogar noch gewonnen und ist für mich die Überraschung auf der CD. Im westernmäßigen "Hoedown" kann sich dann Jerry Goodman mit seiner Geige austoben. Das im Original dreiminütige "The sheriff" hat es dank seinem neuen Mittel-/Schlussteil auf fast sechs Minuten geschafft. Dort bekommt man von Mark Robertson seine gewohnt gute Orgelarbeit geboten, während Mike Portnoy das rhythmische Grundgerüst legt. Der Longsong "The endless enigma" bekam einige Magellan-mäßige bombastische Teile verpasst. Mit "The barbarian" kann ich im Original nicht viel anfangen und auch Berrys Version mit Igor Khoroshev klebt mir zu sehr am Vorbild, daher der schwächste Track der Platte. Am Schluss geht mit James LaBrie, Mike Portnoy, Derek Sherinian (Key) und Marc Bonilla (Git) beim guten alten "Tarkus" noch mal richtig der Punk ab.
El Supremo
© Progressive Newsletter 1999