CD Kritik Progressive Newsletter Nr.24 (03/1999)

Sylvan - Deliverance
(70:04, Angular Records, 1998)

Endlich mal wieder ein Prog-Album einer deutschen Band, das mir richtig gut gefällt. Die Musik der fünf Hamburger von Sylvan ist dem Neo-Melodic-Prog-Bereich zuzuordnen, wobei ihnen gleich attestiert werden kann, dass sie wesentlich schwungvoller und peppiger auftreten als beispielsweise die vorher besprochenen Like Wendy. Für den reinen Prog-Metal-Fan mag es noch zu zahm zur Sache zu gehen, doch der gemeine Neo-Prog-Fan wird von diesem Album im Zweifel sehr angetan sein, denn alle typischen Elemente dieser Richtung sind hier vertreten. Schon der knapp 11-minütige Eröffnungstitel "Seeking nights" bietet das ganze Spektrum und zeigt deutlich, wozu die Hamburger fähig sind. Mächtige Keyboards, klasse Gitarrensoli (auch akustische Gitarren werden sehr geschickt - wenn auch noch zu selten - eingestreut), gute Rhythmusarbeit - alles kommt hier sauber rüber und wirkt wahrlich nicht wie ein unausgegorenes Debütalbum einer durchschnittlichen 08/15-Prog-Band. Die Stimme von Sänger Marco Glühmann ist akzeptabel, in manchen Songs (u.a. im Titelsong) erinnert er mich in den höheren Tonlagen an Machiavel-Frontmann Mario Guccio. Neben den flotten Nummern haben die Hamburger auch einige Balladen zu bieten, bei denen sie ein feines Händchen für schöne Melodien beweisen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Mischung aus flotten Nummern und hymnenartigen Mitsing-Titeln auch live gut ankommt. Neben den 4 Liedern im 10-Minuten-Bereich erwartet den Fan des Longtracks zum Abschluss ein knapp 17-minütiger Titel namens "A fairytale ending", der ein im Prog-Bereich altbekanntes Thema behandelt (Stichwort: Morgoth, Silmaril etc.). Die Präsentation der Geschichte mag zwar nicht jedermanns Sache sein, doch auch dieser Song bietet sehr viele interessante Momente und rundet ein ausgesprochen erfreuliches Debütalbum ab. Es sollte mich schon schwer wundern, wenn sich dieses Album in Neo-Prog-Kreisen nicht gut verkaufen sollte, denn genau diese Klientel wird mit "Deliverance" bestens bedient. Da ich denke, dass mit dieser Band berechtigterweise auch weiterhin noch zu rechnen ist, hier die aktuelle Besetzung: Marco Glühmann (Gesang), Matthias Harder (Schlagzeug), Patrick Münster (Bass), Kay Söhl (Gitarren), Volker Söhl (Tasteninstrumente). Mein Glückwunsch an Herrn Kost für seinen guten Griff. Übrigens vervollständigt eine sehr schöne Covergestaltung den positiven Gesamteindruck.

Jürgen Meurer



© Progressive Newsletter 1999