CD Kritik Progressive Newsletter Nr.24 (03/1999)
Galleon - Mind over matter
(66:27, VF, 1998)
Galleon zählen zu den alten Hasen im Prog-Geschäft, sie vertreten schon seit geraumer Zeit die Melodic-Prog-Sparte der schwedischen Szene. Wie bereits alle vorangegangenen Album, legte ich mir auch dieses Produkt zu. Nach den ersten beiden Hördurchgängen wollte ich diese Produktion schon als "Galleon wie gehabt" abtun, was für mich bedeutet, dass das Album zwar sehr gefällig klingt, irgendwie aber das gewisse Etwas fehlt. Dieser Meinung bin ich zwar immer noch, aber nach einigen weiteren Durchläufen gefällt es mir immerhin doch deutlich besser, so dass ich denjenigen, die Galleon-unvorbelastet sich für ein Album der Schweden entscheiden sollten, "Mind over matter" als Einstieg empfehlen würde. Freunde des Longsongs kommen hier auf ihre Kosten. "Starborn" ist mit 8 Minuten Spieldauer der kürzeste Titel, der Rest spielt sich im 10-14-Minutenbereich ab, Krönung ist dann der 21-Minuten-Song "The wanderer". Wer allerdings jetzt höchstkomplexe Arrangements erwartet, liegt falsch. Angefüllt mit vielen schönen Instrumentalparts bleibt die Musik von Galleon doch immer überschau- und nachvollziehbar, schräge Attacken à la Anekdoten und Co. sind nicht ihr Ding. Die Gitarrenarbeit von Mikael Värn fällt erstaunlich unauffällig aus, Glanzlichter aber setzt immer wieder Keyboarder Ulf Pettersson mit seinen 70er-Keyboardausflügen. An manchen Stellen klingt die Synthie-Arbeit stark nach Wakeman, im ersten Titel wird beispielsweise nach rund 8 Minuten gnadenlos bei Genesis ausgeliehen (gemeint ist der Mellotron-Chor aus "Dancing with the moonlit knight", doch auch der Rest kommt einem für einen kurzen Moment verblüffend bekannt vor - nur mit dem Unterschied, dass das Original dann doch bei weitem besser klingt). Dies ist aber die Ausnahme, ansonsten bleiben sie ihrem eigenen Stil treu. Was meiner Meinung nach die Galleonalben immer wieder in eine gewisse Mittelmäßigkeit zurückwirft, ist der erschreckend fade Gesang von Bassist Göran Fors (sorry!), dessen Stimme mich überhaupt nicht begeistern kann. Aufgefangen wird dies aber durch hervorragende Instrumentalarbeit mit Keyboarder Pettersson an der Spitze, der den Galleonsound entscheidend prägt. Insgesamt hinterlässt "Mind over matter" einen guten Eindruck, wenn auch zugegebenermaßen in Zeiten einer Flower Kings-Neuveröffentlichung dieses Album etwas unterzugehen droht (gleiches gilt allerdings für die meisten anderen Neuheiten). Mit ausdrucksstärkerem Sänger wären Galleon eine echte Bereicherung.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 1999