CD Kritik Progressive Newsletter Nr.23 (12/1998)

Ivory Tower - Ivory Tower
(58:40, Limb Music, 1998)

Dass der Progressive Metal Bereich schon seit Monaten boomt, dürfte auch den Lesern dieses Fanzines nicht entgangen sein, denn die Marktüberflutung nimmt langsam immer erschreckendere Ausmaße an. Manch einer wird sich denken, "um Himmels Willen schon wieder so eine unsägliche Schredderkappelle", aber der Markt scheint wohl immer noch nicht ausgereizt, denn irgend jemand muss ja schließlich diese CDs noch kaufen. Und ehrlich muss ich auch eingestehen, dass es in diesem Genre trotzdem immer noch hervorragende (wenn auch in letzter Zeit immer seltener) Scheiben gibt. Ivory Tower machen es einem nicht leicht, und sie sollen jetzt nicht grundlos abgekanzelt werden, denn die eingängigen Hooklines stimmen, der progressive Härtegrad mit schneidenden Gitarrenriffs und griffigen Keyboardakkorden erreicht ansprechendes Niveau. Ruhige Passagen werden passend eingestreut und der Schmetterfaktor des Gesangs krallt sich unwiderstehlich in die Gehörgänge. Das fantasymäßige Artwork von Rainer Kalwitz verleiht dem Album auch den optisch passenden Anstrich. Aber dennoch: vielleicht sind Ivory Tower das falsche Opfer, doch irgendwie kann ich mir nicht helfen, alles klingt irgendwie nach tausendmal gehört und trotz zwingender Ideen ist der Verschleiß- und Gewöhnungsfaktor gerade in dieser Musiksparte einfach zu groß. Da passt es gut ins Bild, dass die Verhackstückung des sagenhaften John Miles Klassikers "Music", dem Stück mehr geschadet, denn genutzt hat. Wer auf Power Prog Metal steht, bekommt sicherlich ein tolles Album um die Ohren gehauen, doch fragt man sich langsam nicht zu Unrecht, wie lange dieser Stil noch weiter ausgetreten werden soll. Bands und Zuhörern macht man auf Dauer so sicherlich keinen Gefallen.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1998