CD Kritik Progressive Newsletter Nr.22 (09/1998)

Thule - Graks
(50:49, Thule Records, 1997)

Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken, die Blätter sich bald wieder gelb und rot färben. Ist das nicht alles furchtbar traurig und deprimierend? Um den ganzen Weltschmerz, der sich in den kommenden Wochen auf die Menschheit legen wird, zu intensivieren, empfehle ich eine gehörige Portion skandinavischer Melancholie. Wie passt es da doch, dass die norwegischen Thule mit "Graks" ihren vierten Longplayer vorgelegt und den ultimativen Soundtrack für die kommende Jahreszeit geschrieben haben. So eine Platte kann wohl nur aus dem hohen Norden kommen, wo die Winter noch härter, die Stimmung noch trostloser, als in unseren Breiten ist. Harter, brummelnder, monotoner Gesang in norwegisch gräbt Furchen in die Seele, schleppende Rhythmen und mollastige Gitarrenakkorde sorgen für bleischwere Atmosphäre. Thule knüpfen mit ihrem aktuellen Studiowerk nahtlos wieder an die Klasse ihres 87er Debüts "Ultimale Thule" an, nachdem die zwischenzeitlichen Ergüsse, doch nicht ganz dessen Intensität erreichten. Sphärische Klänge dem Space Rock entliehen, Gitarrengeschrammel aus dem Gothic Rock - besonders Bands wie Fields Of The Nephilim und The Cure schimmern durch - und als finale Verfeinerung fließende Klänge Marke Pink Floyd: bei Thule ist diese geniale Mischung zu solch erschlagender Niedergeschlagenheit verschmolzen, dass die Gefühle gnadenlos gefesselt werden. Ein grandioses Meisterwerk für alle chronischen Melancholiker.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1998