CD Kritik Progressive Newsletter Nr.22 (09/1998)
After Crying - 6
(73:44, Periferic Records, 1997)
Wenn ich dem Foto Glauben schenke (3 Mann an den Tasten, 1 Bassist, 1 Sänger), erkenne ich, dass After Crying sehr atmosphärisch und sanft musizieren. Aber weit gefehlt. Der Hauskomponist Vedres Csaba hat die Band verlassen und mit neuen Musikern eine eigene Platte gemacht (die sehr nach After Crying klingt). Keyboarder Winkler Balázs und Pejtsik Péter sind nun alleinige Komponisten und legen in ihren Ideen deutlich an Härte und Schräge zu. Sicher sind sinfonische Melodien nicht zu knapp zu hören, und die Tasten sind wie gehabt Instrument Nr. 1, doch brechen die Töne teils in fast schon metallischer Härte durch. Fünf Songs verzeichnet die neue CD. "Save our souls" (2:48) ist ein kleines Sinfonikum. "Panem et Circenses" (29:13) besteht aus sechs einzeln anwählbaren Stationen, die musikalisch nicht immer ineinander übergehen. King Crimson (Islands-, Lizard- Phase) ist größte Inspiration, die Ungarn lehnen sich weit aus dem Fenster. Jazzige und harte, komplexe Instrumentalpassagen treiben mir die Freudentränen in die Augen. Titel 3 ist mit "Intermezzo" (2:43) betitelt, ein sinfonisches Bild. "Farewell to 20th Century" (27:13) mit 5 anwählbaren Points ist ein Werk, das aus dem Wechsel zwischen spannenden, klassischen Passagen und hart rockenden Parts lebt. Die Gitarre beherrscht lange Instrumentalteile, zwölf Gastmusiker mit jeder Menge Blasinstrumenten kommen viel zum Einsatz, das Cello ist Hauptdarsteller. Die Platte adelt jede (Prog-)Sammlung, auch der letzte und am wenigsten tolle Song "Conclusion" (10:45) - Hommage an Keith Emerson- kann nichts daran ändern. Hier haben bemerkenswerte Musiker bemerkenswerte Musik eingespielt. Aber wer wird das bemerken?!
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 1998