CD Kritik Progressive Newsletter Nr.22 (09/1998)

Banco Del Mutuo Soccorso - Nudo
(57:13 + 60:09, EMI, 1997)

"Nudo" bietet einen umfangreichen Überblick über das Schaffenswerk von Banco Del Mutuo Soccorso. Die zwei CDs beinhalten einen neuen 15-minütigen, dreigeteilten Track, nämlich "Nudo", einige klassische Songs, die unplugged aufgenommen wurden, sowie einen mitreißenden Livemitschnitt der teilweise von ihrer letztjährigen Japantour in Tokyo, sowie einem Auftritt aus Padua anno 1995 stammt. Der Titelsong bietet einen intensiven Beginn, bei dem vor allem die Stimme von Francesco Di Giacomo aufhorchen lässt. Geradlinig wird kräftig abgerockt, wobei sich auch der neue Drummer Mautizio Masi, der Pierluigi Caderoni ersetzt, der die Band im Guten verlassen hat, prima in die Band einfügt. Nach einen ruhigen Intermezzo geht es zum Schluss wieder druckvoller zur Sache. Kein Klassiker, aber doch ein Lied, welches insgesamt überzeugt. Der Rest der ersten CD sind Songs aus der Vergangenheit (z.B. "R.I.P.", "Il ragno", "L'evoluzione"), die ohne elektronische Instrumente (Piano, akustische Gitarren, Gesang) als ausgestöpselte Versionen neu eingespielt wurden. Damit bekommen sie teilweise einen neuen Aspekt verpasst und wurden bombastisch entrümpelt, was zum Teil sehr interessant klingt, man anderseits aber auch teilweise etwas die Power vermisst. Unplugged klingt eben einfach nach angezogener Handbremse, doch glücklicherweise setzt auch hier der variable und emotionale Gesang deutliche Akzente. Und dann gibt es da noch die zweite CD, die Di Giacomo mit den Worten "I'll let the music speak to our real words" eröffnet. Und die Aussage trifft voll zu, zeigen sich doch Banco in mitreißender Spiellaune, die geniale Symbiose aus Art Rock, Jazz und südländischem Temperament begeistert. Wer die Band schon nach dem poppigen "Capolinea"-Album von 1980 abschreiben wollte, wird hier eines Besseren belehrt - abwechslungsreicher Italo-Prog der Spitzenklasse oder um ein Zitat von der Fußball WM leicht abzuändern: diese alten Säcke musizieren immer noch besser als der Nachwuchs.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1998