CD Kritik Progressive Newsletter Nr.21 (07/1998)
Equinox - Equinox
(71:46, Medallón Cósmico Records, 1998)
Im Wörterbuch wird Equinox mit Tagundnachtgleiche (!?) übersetzt. 1975 brachte Styx ein Album mit gleichen Namen heraus. Das war bisher alles, was man mit diesem Namen verbinden konnte. Aber die globusumspannende Welt des Progressive Rocks wartet jetzt mit einer völlig neuen Variante auf, nämlich mit einer Band aus Panama, die erst im Frühjahr dieses Jahres beim, von den mexikanischen Cast veranstalteten, Baja Prog Festival auftraten, um fast zeitgleich ihr namenloses CD Debüt der gespannten Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Musikalisch spürt man weniger die lateinamerikanische Wurzeln (Ausnahme das kurze, verträumte Instrumental "Kristela"), sondern eher U.S.-amerikanischen Einfluss. Flotter eingängiger Neo Prog, knackiger Rock, die Balance zwischen natürlicher Virtuosität und Musikalität ist über weite Strecken geglückt. Wie z.B. bei Iluvatar stehen Eingängigkeit, hoher Melodieanteil und Komplexität in einem gesunden Verhältnis. Um die Qualität der amerikanischen Kollegen zu erreichen, ist es aber dennoch ein weiter Weg. Trotz gutem Gesang und solider Instrumentalarbeit fehlt den Melodien noch etwas der letzte Pfiff. Leider klingt auch die Produktion bei den ersten Titeln etwas verschwommen und wenig transparent. Aber es gibt durchaus genügend Lichtblicke, die den Kauf dieser CD rechtfertigen. Nach drei eher ordentlichen, melodischen Rocksongs mit Prog Touch, wartet der vierte Titel "Mystery mountain" mit einem expressiven Zwischenteil auf. Die Band gibt ordentlich Gas und die Keyboards stehen virtuos im Vordergrund. Schlicht und einfach Neo Prog at it's best! Das folgende, recht fröhliche und beschwingte "Lonely in my dreams", bietet auf seinen fast 15 Minuten melodischen, zeitgemäßigen Neo-Prog - neben dem ebenfalls sehr schönen, sphärischen Instrumental "Ruins of old Panama" definitiv das Highlight des Albums. Zwei der acht Titel sind zusätzlich nochmals als Radioedit vertreten. Ob dies der Band zu Airplay verhilft, darf bei den meistens sehr aufgeschlossenen Radiosendern eher bezweifelt werden. Trotzdem, neben Cast die derzeit wohl beste Band für melodische Klänge aus Lateinamerika.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1998