CD Kritik Progressive Newsletter (März 2015)

Stil: Art Rock
Sylvan – Home
(77:04, Gentle Art Of Music, 2015)

Die mittlerweile auf Quartettniveau geschrumpften Sylvan bleiben auf ihrem aktuellen Werk einmal mehr ihrer eigenen Linie treu, beweisen aber gleichzeitig das richtige Gespür dafür, die eigene musikalische Linie mit Kleinigkeiten neu aufzufrischen. Man mag es bei den Hamburgern seit jeher episch, rockig und konzeptionell, man hat aber ebenso ein gutes Händchen dafür, wie man zwischen Eleganz und Melodik den nötigen Tiefgang beisteuert. Mit dem großartigen 2008er Album „Posthumous silence“ beschritt man zum ersten Mal den Weg einer komplett konzeptionellen Herangehensweise, wobei diese Richtung auf „Home“ erneut aufgegriffen wird und man im aktuellen Kontext inhaltlich die Geschichte der Suche des Individuums nach Heimat und Geborgenheit erzählt.
Der Art Rock Marke Sylvan lebt von großen ausschweifenden, emotionalen Momenten, von der Balance aus hymnischen Gesangslinien und fein austarierten Instrumentalexkursionen im Spannungsfeld zwischen moderater, kerniger Härte und ergreifender, feinsinniger Sinfonik. „Home“ ist in seiner Umsetzung traurig und hoffnungsvoll zugleich, wartet sogar mit orchestraler Untermalung auf, wobei an der Grenze zum Kitsch zwar gefährlich gekratzt, sie aber niemals überschritten wird. Denn die die Geschichte umschließenden und mit klassischer Begleitung aufwartenden „Not far from the sky“ und „Home“ sind vielleicht eine Spur zu pathetisch geraten, doch dazwischen sorgen weitere 10 Tracks für wohlige Schauer und genau die richtige Mischung aus ergreifender Melodik, modernen Sounds und direkten Rockanklängen mit dem nötigen Kick.
Während sich andere Bands in ähnlichem musikalischen Terrain zu sehr in Eingängigkeit und harmlosen Ansätzen verlieren, merkt man Sylvan nicht nur das eigene Profil an, das durch jahrelange Aktivitäten erstaunlich gereift ist. Zudem weiß die Band ganz genau, wann man mal die sprichwörtliche Schippe drauflegen muss. Genauso gehört zum eigenen Selbstverständnis, dass hier nichts übertrieben, nur auf Hochglanz getrimmt oder aufgesetzt wirkt: Sylvan sind in ihrem eigenen Mikrokosmos in erster Linie authentisch und kommen so ehrlich auch beim Hörer an.
Mit „Home“ ist Sylvan einmal mehr ein ergreifendes Konzeptwerk gelungen, das in seiner Gesamtheit beweist, dass die Jungs von der Waterkant nicht nur zu den deutschen, sondern eben zu den internationalen Topadressen des gepflegten Art Rocks moderner Prägung gehören.

Kristian Selm (12/15 Punkte)



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