CD Kritik Progressive Newsletter Nr.19 (03/1998)
Pietro Ratto - Xenia
(36:36, Mellow Records, 1997)
Mit den heutigen technischen Möglichkeiten ist es inzwischen ein leichtes, zu Hause im stillen Kämmerlein sein eigenes Album aufzunehmen. Das dachte sich wohl auch Aton's Gitarrist Pietro Ratto, und somit ist er in Personalunion für Musik, Arrangement, Gitarre, programmierte Keyboards, Schlagzeug, Bass, Aufnahme und Mix seiner schlicht betitelten Scheibe "Xenia" zuständig. Und, oh große Überraschung, trotz dieses Egotrips ist dabei ein gar nicht mal so schlechtes, wenn auch sehr kurzes Album herausgekommen. Orientiert an solche Kollegen wie Jean-Pascal Boffo oder Jeremy Morris werden die instrumentalen Kurzausflüge sehr von der akustischen Gitarre, wie auch der verzerrten elektrischen Version dieses Instruments geprägt. Die Arrangements klingen nicht nach verklärter Lagerfeuerromantik, vielmehr schöpft Signore Ratto seine Inspiration aus der Klassik und gut anhörbaren, melodischem Neo Prog. Die Kürze des Albums wird hier zur Stärke, denn die Musik bleibt über die gesamte Laufzeit durch das Wechselspiel des akustischen und elektrischen Sechssaiters gut anhörbar. Allein an manchen Stellen nervt der zwar gut programmierte, aber doch etwas blutleer klingende Drumcomputer. Beschwingt, fröhlich und mit poppiger Gelassenheit jubilieren die Saiten, dass es selbst der toleranten Großmutter beim Anhören solcher Klänge am sonntäglichen Kaffeetisch nicht gleich das Gebiss aus dem Gesicht haut. Aber Vorsicht! Der funkig-flotte Beginn von "Tenax" könnte eventuell zur Enterbung führen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1998