CD Kritik Progressive Newsletter Nr.19 (03/1998)

Napoli Centrale - Napoli Centrale
(44:50, Vinyl Magic, 1975)

Astreiner Jazzrock aus dem musikalischen und optischen Umfeld von Zao und Area. Die vier Musiker an Sax Tenore, Piano, Batteria & Basso wissen der Stille und dem Lärm Leben einzuhauchen. Wie kommt es nur, dass in den Sechzigern und Siebzigern so viele Highlights das Licht der Welt erblickten und heute die Rockmusiker solch oberflächliche Werke abliefern?! Vielleicht liegt es daran, dass damals die Musik und heute die Musiker gefeiert bzw. kritisiert werden. Der Druck ist so groß, dass vielen Musikern der Saft fehlt. Was, verdammt, soll eigentlich noch von der nächsten Generation kommen? Hier gibt es keine Gitarre, keine Sinfonik, keinen Bombast - das kühle Sax, die rhythmischen Keys, der filigran-harte Bass und das feine Schlagzeug geben einen dicht gewebten fetten Teppich unter die kraftvolle Stimme. Komplizierte Breaks teilen lyrische und jazzige Parts und so fügen sich die Teile zu einem komplexen und harmonischen Ganzen, das für alle Jazzrock Fans attraktiv sein kann. Musik aus dem Bauch mit Inspiration und Können aus dem Kopf. Höhepunkte gibt es in jedem Song, als Anspieltipp könnte ich das zehnminütige "Viecchie", "Mugliere", "Muorte e criaturi" nennen. Hier ist der Jazz besonders ausgeprägt (wie überhaupt der Jazz die Oberhand behält) und der Gesang des Saxophonisten aggressiv und raumschaffend wie selten sonst. In "O lupo s'ha mangiato a pecurella" ist vor allem der melodieführende Gleichlauf von Piano und Sax und dazu der kontrapunktiv gesetzte, schwärmerische basso zu beachten, da krabbelt die Gänsehaut den Rücken hoch. Sehr zu empfehlen, wem Jazzrock liegt.

Volkmar Mantei



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