CD Kritik Progressive Newsletter Nr.18 (01/1998)

Tonton Macoute - Tonton Macoute
(44:48, Repertoire Records, 1971)

Sie haben mit Yes gearbeitet und Eddie Offord hat diese ihre einzige LP produziert. Vier Songs, die für die zweite LP aufgenommen wurden, sind bis heute nicht veröffentlicht - ihr Label ging den Weg alles Irdischen. Kühler Jazz-Rock, der vor allem von tollen Keyboards und heißen Saxes geführt und stellenweise etwas zu heftig von der Flöte illuminiert wird, kippt aus den Boxen. Bass und Drums lassen den Kopf wippen, Hammond unterstreicht den in manchen Passagen schon fast an Bar Jazz erinnernden Sound. Vibes geben dem coolen Klang noch den letzten Kick, und das Piano meint wohl, 1936 in Schanghai in einem Puff zu stehen und die liebreizenden Damen der Käuflichkeit in Schwung bringen zu müssen. Wenig Gesang, der mit angenehmer Stimme intoniert wird, lässt dieses Album zum größten Teil instrumental herüberkommen. Den Leuten ist zum Singen wohl nicht viel eingefallen. Entspannt ziehen die Instrumente auf den Noten dahin, bis sich die Stetigkeit irgendwann zu einer Magie ausweitet, die unwiderstehlich ist. Wer hier Progressive Rock wähnt, liegt falsch. Willkommen im "progressiven" Jazz-Rock. Viel Atmosphäre ("Dreams", "Fyling south in winter") die immer wieder den Vibes überlassen wird, muss schon mal einer rockenden Gitarre weichen. Doch der Rock ist selten hart, zumeist sehr jazz-betont, und trägt dazu einen seichen Bluestouch, ohne in den langweiligen Gefilden des Blues zu versinken. Diese Herren verstehen es, eine laszive Stimmung anzutreiben. Waren wohl nicht mehr siebzehn, oder so cool wie ihr stellenweise solierende Sax. Und plötzlich: "Natural high". Eine wunderschöne Melodie, die so gar nicht zu dem Jazz zu passen, nein direkt aus den Abgründen des Progressive Rock zu kommen scheint, bringt die bisherige Kühle der Platte zum Kochen. Diese Gesangslinie macht Gänsehaut und das Solo am Sax (oder Gitarre?)..., und zum Ende das klassisch Tastensolo..., sehr schön. Ja, schließlich gibt es noch "Natural high Part 2", damit kommt der Song als einziger über zehn Minuten. Aber was ist das: das schöne Tastensolo wird abrupt ausgeblendet und eine Stimme wie von Eric Burdon singt gegen eine blöde Flöte an. Doch der magische Jazz-Rock frisst den kurzen Ausflug in eine andere Welt, und ebbt sehr schön instrumentiert erhobenen Hauptes ab.

Volkmar Mantei



© Progressive Newsletter 1998