CD Kritik Progressive Newsletter Nr.18 (01/1998)
Keith More - Guitar stories
(48:49, Selective Records, 1996)
Öha! Da scheine ich doch völlig zu Unrecht Keith Mores Qualitäten verkannt zu haben. Während seiner temporären Mitarbeit bei Arena fiel er mir nicht gerade extrem auf, hielt er sich doch eher gruppendienlich im Hintergrund, und auch seine Soli verdienten eher den Stempel solide und bodenständig. Doch welch große Überraschung: auf seinem Soloalbum "Guitar stories" zeigt nun der aus Edinburgh stammende Schotte, was er wirklich alles auf dem Kasten hat. Grob gehören seine Eigenkompositionen in den Bereich Fusion, da er doch allerlei Stile in handwerklicher Perfektion gemischt hat, wobei das Hauptaugenmerk sicherlich im Rockbereich liegt. Glücklicherweise wird nicht nur bloßes Zurschaustellung des eigenen Könnens präsentiert, More variiert vielmehr Geschwindigkeit und Spieltechnik, und braucht sich in Gefühl und Ausdruckskraft keineswegs vor den in den einzelnen Liedern vergleichbaren Kollegen, wie Steve Morse, Joe Satriani, Eric Johnson oder Steve Vai, zu verstecken. Daneben hat er sich noch ausgezeichnete Begleitmusiker ins Studio geholt, die für mehr als nur ein solides Grundgerüst sorgen. Neben dem deutlichen Überhang zu versiertem, rhythmisch anspruchsvollem Gitarrenrock, fehlt es auch nicht an kleineren Ausflügen in Grenzbereiche, wie z.B. ruhiger Fusionrock beim "Farewell bop", lupenreiner Jazzrock bei "Retribution?" und zum Abschluss mit "Farewell" ein gefühlvoller Blues. Nicht jedermanns Geschmack, aber Keith More beweist, dass er auch in diesen Bereichen bestehen kann. Sicherlich ist "Guitar stories" hauptsächlich für alle diejenigen interessant, die auf rein instrumentale, technisch anspruchsvolle Gitarrenmusik stehen. Trotzdem ist dieses Album durch seine Vielschichtigkeit so interessant, dass man ruhig auch mal über den reinen Prog-Tellerrand schauen sollte.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1998