CD Kritik Progressive Newsletter Nr.18 (01/1998)

Big Big Train - English boy wonders
(71:49, GEP, 1997)

Über drei Jahre ist es auch schon wieder her, seitdem Big Big Train "Goodbye to the age of steam" herausgebracht haben. Jedoch wenn Bands Musik als Hobby betreiben, steht natürlich Familie und Beruf klar im Vordergrund, so dass der zeitliche Leerlauf zwischen zwei Alben verziehen sei. Da gibt es schließlich Bands, welche teilweise Mitbesitzer dieses Labels sind, und da schon ganz andere Zeiten vorgelegt haben, aber das ist eine andere Geschichte... Big Big Train gehören in den großen Topf der britischen Neo-Prog Bewegung, wobei sie von Tempo und Spielweise deutlich zu den ruhigen Vertretern gehören, und ihre Musik von Rockstrukturen dominiert wird. Es wird Wert auf eine gelassene Atmosphäre gelegt, die solistischen Einlagen sind eher schmückendes Beiwerk, als dass sie die Musik dominieren. Dafür sind die sehr griffigen Gitarrensoli und Keyboardteppiche, die auch mal in jazzige Bereiche abdriften, sehr hörenswert. Ebenfalls darf IQ-Keyboarder Martin Orford einige Flötentöne beisteuern. Da somit die innere Songstruktur mehr im Vordergrund steht, ist es nicht verwunderlich, dass man Anlehnungen zu solchen Bands wie Tears For Fears (Gesang und Gefühl) oder Jadis (Stimmung aus deren ruhigeren Tracks, Gitarrensound) finden kann. Dennoch lassen die fünf Briten auch mal kurzzeitig ihr progressive Können aufblitzen, wenn Breakfaktor, Keyboarddominanz und Dramatik hochgeschraubt werden. Insgesamt ist "English boy wonders" ein äußerst stimmungsvolles, sehr eingängiges Album geworden, wobei die ruhigen Momente dem Album sicherlich gut getan haben, vielleicht manchem auf Dauer aber zu ruhig sein könnten, da der Spannungsbogen über die gesamten rund 72 Minuten doch auch einige Durchhänger aufweist.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1998