CD Kritik Progressive Newsletter Nr.17 (11/1997)
Tiles - Fence the clear
(57:42, InsideOut, 1997)
Wenn es mal etwas härter wird, muss nicht immer unbedingt Dream Theater kopiert werden, denn Tiles orientieren sich auf "Fence the clear" mehr den Rush der 70er und 80er. Hier und da mal einige Gitarrenakkorde und Soli, welche so auch aus den Fingern von Alex Lifeson stammen könnten, Geddy Lee-mäßige Bassbearbeitung, wobei sein Gesangsstil nicht imitiert wurde, des weiteren fehlt es auch nicht an Kuhglocken-Zitaten im Stil von Neal Peart. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, saß niemand geringeres als Terry Brown am Mischpult. Der Mann, der auch bei den ersten elf Rush Alben die Regler verschob. Zwar ist der Vergleich zu den frühen und wieder modernen Rush vor allem bei den ersten Songs schon fast erschlagend, dennoch weist z.B. die akustische Ballade "The wading pool" auch in eine ganz andere Richtung. Die Grundausrichtung von Tiles ist gitarrenorientiert, die Band präsentiert sich musikalisch sehr ausgereift, und klanglich kommen die Songs überaus druckvoll und kompakt aus den Boxen. Auf den ersten Blick wirkt die Musik zwar recht straight, unter der Oberfläche verbergen sich jedoch komplexe Strukturen. Bestes Beispiel ist der sehr abwechslungsreiche fast 15 Minuten lange Longsong "Checkerboards". An Keyboards fehlt es fast vollständig, es wird hauptsächlich auf den Variationsreichtum der Saitenartisten gesetzt. Kommen aber doch mal untermalende Klänge aus der digitalen Welt zum Tragen, wie z.B. bei der sehr gute Ballade "Changing the guard", dann gewinnen Tiles noch mehr an Format. Eine gelungene Weiterentwicklung und Fortsetzung des Debüts. Auf die für das nächste Frühjahr angekündigte Tour dürfen sich schon jetzt alle Freunde härterer Klänge freuen, die nicht unbedingt die tausendste Dream Theater Kopie hören möchten.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1997