CD Kritik Progressive Newsletter Nr.16 (08/1997)

Pierre Vervloesem - Fi asc o
(55:47, Carbon, 1996)

Wer bei der Musik von King Crimson kalte Füße kriegt, nicht auf schräge Akkorde steht, wem bei kreischenden Gitarren die Haare zu Berge stehen, und auch für offene, Jazz gefärbte Musik kein Ohr hat, der darf getrost zur nächsten Kritik gehen, ansonsten erwartungsfroh weitergelesen, denn dieses Album läuft in keiner Weise Gefahr, in dem zu enden, was der Albumtitel verspricht. In gemäßigtem, mal auch schleppendem Tempo, kriecht hier ein schwerfälliges und dunkles Gemisch aus den Boxen, welches es einem wirklich nicht leicht macht. Neben den bereits oben angesprochenen Zuordnungen darf bei diesem sehr gitarrenlastigen Album das sechssaitige Instrument auch mal funkig wirken, oder wütende Gitarrenexplosionen enden in rauen Emotionsausbrüchen. Oder um es auf einen (vielleicht zu) einfachen Nenner zu bringen: Alternative Rock meets King Crimson. Doch erst die weiteren Zutaten geben dem Album die rechte Würze. Mal klingt Sänger Thierry Mondelaers, wie beim Opener "Tiny smalls" rotzfrech nach Sex Pistols Frontmann Johnny Rotten, dann verleiht er mit leicht nörgelndem oder verfremdetem Gesangsstil der Musik einen schrägen Charakter. Ellenlange Soli mit kreischenden Attacken und geschickt eingestreuten Trompeteneinsätzen verleihen der Produktion den letzten Schliff, um sich aber auch in Breaks und eigenartigen Akkordsprüngen zu verlieren, die in den Jazz und Avantgarde Rock Bereich tendieren. "Fi asc o" ist kein einfaches Album, denn Pierre Vervloesem und seine Mannen kümmern sich bis auf die wunderschöne, melancholische Ballade "River" nicht um irgendwelche Zugeständnisse an den Hörer. Ein interessantes Hörerlebnis für den, der auch mal etwas weiter gehen möchte.

Kristian Selm



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