CD Kritik Progressive Newsletter Nr.16 (08/1997)

Solar Project - ...in time
(66:50, Musea, 1997)

Was scheinbar spacig und unbestimmt beginnt, nimmt auf einmal eine gradlinige Wendung, und eröffnet sich als rockiges Konzeptalbum mit Soundeffekten im Hörspielcharakter. So könnte man in Kurzform die neueste CD von Solar Project beschreiben. Eine gelungene Überraschung von einer Band, die sich überzeugend gesteigert hat, somit auch die fast schon (zu Recht) obligatorische negative Grundeinstellung gegenüber deutschen Produktionen vergessen lässt. Im Vordergrund stehen groovige Rhythmen, die sich aufgrund ihrer Intensität eingraben. Das Grundprinzip lautet Eingängigkeit vor Komplexität, wobei "...in time" kein langweiliges, da sehr vielschichtiges Album ist. Schon beim Opener "Time (Part 1)" wird kräftig losgerockt, bevor zum Abschluss im fetten Hammondsound, ein Solo in bester Keith Emerson Manier hingelegt wird. Auch im weiteren Verlauf sind es vor allem die Rockstrukturen, die die Songs tragen, wobei aber ebenso weder an floydscher Grundstimmung, noch an ausdrucksstarken und gefühlvollen Gitarren- und Hammondsoli gespart wird. Bei "About time" geben die gesprochenen Worte einer Party am Rande des Progfestes '95 den untermalenden Rahmen, später liefern beim 27-minütigen "Time to die" Ars Nova in japanischer Sprache ihren Beitrag ab, mehrere Gastsänger, u.a. Martin Garden von Last Turion, leihen dem Projekt ihre Sangesstimme. Allein "Time out" mit Olaf Kobbe am Gesang fällt sowohl gesanglich, als auch kompositorisch aus dem Rahmen. Positiv sticht vor allem das schon vorher erwähnte sechsteilige "Time to die" heraus. Mal eine Spur schräger, dann wieder zugänglich mit Voice Box und Wah-Wah Gitarre, sowie mystische Zwischenteile erheben diesen Song zum Kernstück der CD. Härter als erwartet geben aggressivere Teile den Ton an, um aber ebenso in ausladenden Instrumentalparts sich im langsamen Tempo treiben zu lassen. Rock und Rhythm'n Blues stehen hier vor Prog, was in keiner Weise dieses Album abwertet, denn allein die über dem Ganzen schwebende Stimmung, macht "...in time" doch zu einem hörenswerten Zeitvertreib.

Kristian Selm



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