CD Kritik Progressive Newsletter Nr.16 (08/1997)

La Famiglia Degli Ortega - La Famiglia Degli Ortega
(35:22, Vinyl Magic, 1973)

Eines gleich vorweg: vielleicht bin ich für diese CD nicht der richtige Rezensent, da mein Überblick über den Italo Prog der 70er nicht allumfassend ist, jedoch scheinen La Famiglia Degli Ortega augenscheinlich nicht zu jenen Reissues zu gehören, die man unbedingt haben muss. Bei dieser Wiederveröffentlichung wird nämlich klar, warum der Progressive Rock aus Italien auch gerne mit dem Stempel Pop Italiano versehen wurde. In butterweichen Klängen mit mediterranem Urlaubsfeeling werden sehr unterschiedliche Stile in sich vereint, die nur ganz entfernt progressiven Ursprung erkennen lassen. Blues zusammen mit Samba ("Guida la mia Lancia"), Gospel und Country ("Merryon"), sowie klassische Kammermusik ("Inversione dei fattori") und Ferienschmalz ("Una vecchia corriera chiamata Harry Way") ergeben ein eigenartiges Konglomerat. Doch dies soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch ruhige, sehr melodische, weitgehend verträumte Klänge gibt, die, folkloristisch angehaucht, zum Träumen einladen. Weiblicher Chorgesang im Hintergrund oder wunderschön auch als Leadgesang in der Muttersprache lassen die verträumten Momente noch schmachtender wirken. Ab und zu gibt es von der männlichen Fraktion Gesang in getragenem Erzählton im Stile von Jacula oder Devil Doll, wobei dieses Stilmittel eher sparsam eingesetzt wird. Schwülstig plätschert es etwas mehr als eine halbe Stunde aus den Boxen, ohne dass man sich maßlos überfordert fühlt und somit seine Seele baumeln lassen kann.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1997