CD Kritik Progressive Newsletter Nr.15 (06/1997)

De Boni - Rainbow circling the sun
(42:57, Record Runner, 1996)

Wenn ein Keyboarder ein reines Instrumentalalbum herausbringt, ist meist Vorsicht geboten. Schon oft bekam man recht blutleere Produktionen zu Gehör, die selten das Niveau einer kompletten Gruppe erreichten. De Boni, der Keyboarder der brasilianischen Formation O Terço, schafft es immerhin stellenweise, sein erstes Soloalbum auf gewisse Weise interessant zu gestalten und sorgt damit für etwas Abwechslung im Tastendschungel. Da er sich nicht nur auf sein eigenes kompositorisches Talent verlässt, sondern sich auch an Klassikadaptionen und Coverversionen versucht, erfährt diese CD eine Erweiterung ihres musikalischen Spektrums. "Carmina Burana" von Orff und "Adagio" von Albinoni eröffnen gleich die CD, und klingen vielleicht eine Spur zu butterweich, jedoch im Großen und Ganzen gelungen. "Aquarela do Brasil" ist jedoch im Original wesentlich schmissiger, und wirkt im weichen Keyboardgewand recht niveaulos, während Procol Harums "Repent walpurgis" schön vor sich dahinschmachtet. Bei den eigenen Titeln vertraut De Boni auf gut anhörbare, wenn auch nicht belanglose Melodien. Die Musik ist sehr melodiös, von ruhigen Stimmungen geprägt, jedoch weit von esoterischem New Age, wie leider auch bombastischem, sinfonischem Rock entfernt. Das zwei mal auftretende Schlagzeug, welches ausnahmsweise mal nicht aus dem Computer stammt, lässt die Musik nicht völlig synthetisch wirken. Zwar liefert der Meister der weißen und schwarzen Tasten keine aberwitzigen Läufe auf seinen Instrumenten ab, er beeindruckt vielmehr durch einen geschlossenen Sound, der Platz zum Träumen und Entspannen lässt. Manch einem wird das eine Spur zu harmlos und langweilig sein, nett anzuhören ist es trotz alledem, wobei sich zugegebenermaßen auf der gesamte Spiellänge betrachtet schon Ermüdungserscheinungen breit machen.

Kristian Selm



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