CD Kritik Progressive Newsletter Nr.15 (06/1997)

Rejoice - Rejoice
(41:58, Mellow Records, 1996)

Endlich mal eine Prog-CD aus Deutschland, bei der einem das nicht gleich (negativ) auffällt. Hier wird kein tausendmal wiedergekäuter Neo- oder Melodic-Prog geboten, und auch kein angeblich progressiver Metal mit schlechtem Sänger. Martin Ziegler und Rudi Leichtle (von Perotic Theatre) haben sich hingesetzt, und sechs Lieder aufgenommen, die sie ursprünglich zwischen 1979 und 1982 aufgenommen hatten. Schon damals bildeten die zwei zusammen mit dem Gitarristen Thomas Müller die gleichnamige Band, und davor spielten die beiden zusammen bei "Starship Trooper". Leider ging im Laufe der Zeit das Mastertape verloren, und nur ein paar verrauschte Tapes blieben übrig. Die bekam dann Markus Schurr in die Finger, und nach Abklappern einiger Labels landete man bei Mellow. APM waren zu lahm (aber die gibt es anscheinend mittlerweile eh nicht mehr), und Musea hat die Band mit dem Hinweis abgelehnt, dass die Musik nicht ihrem Niveau und Standard entspreche! Unglaublich, wenn man sich die schlechten Teile anschaut, die die manchmal aus verschimmelten Tiefen heben, und herausbringen. Auf jeden Fall wurden die Stücke mit geringen finanziellen Mitteln im Proberaum neu aufgenommen. Herr Ziegler steuert Keyboards und Gitarre bei, während Rudi Leichtle das Schlagzeug übernommen hat. Zusätzlich taucht Lili Plieninger als Background-Sängerin (zum Glück nur) in einem Lied auf. "Zum Glück", da ich mit diesem komischen hohen, wohl opernhaft gedachten "Aaaahhh!!!"-Gesang überhaupt nichts anfangen kann. Wirkt auch irgendwie deplaziert. Bei diesem Teil handelt's sich aber nur um ein paar Sekunden. Damit also ein Instrumentalalbum, was ja in Deutschland eher selten vorkommt. Die Songs sind gut komponiert und perfekt gespielt. Leider klingt die Produktion nicht sehr klar, und die Drums eher flach und ohne Volumen, was eben an den Aufnahmeverhaltnissen liegt. Dafür, dass es aber im Proberaum aufgenommen wurde, klingt's andererseits wiederum gut. Das bleibt dann aber auch das einzige Manko dieser CD. Die Musik konnte mich immer überzeugen, und teilweise sogar echt begeistern. Es gibt keine Keyboardteppiche, allgemein eher wenig Keyboards, dafür viel Hammond. Diese wird fast laufend, sehr virtuos und gekonnt eingesetzt. Dazu noch etwas Gitarre, die deutlich hinter der Hammond zurücktritt, und auch keine extremen (Solo)Kapriolen schlägt. Sie wird auch oft zur Rhythmusarbeit eingesetzt. Dann noch die sehr gute Schlagzeugarbeit - und schon hat man eine interessante und auch oft bombastische Mixtur. Oft klingt das dann nach ELP, besonders in "Welcome" fühlt man sich stellenweise in "Karn Evil 9" versetzt. Da die Kompositionen recht abwechslungsreich und meist im flotten oder mittleren Tempo angesiedelt sind, folgen oft neue Teile aufeinander, was mich dann etwas an das Solo-Keyboardalbum von Covenant erinnert. Wenn man auf so eine rein instrumentale und abwechslungsreiche Musik steht, findet man das wirklich hervorragend. Kann man damit, und allgemein mit stark keyboardorientierten Instrumentalalben, nichts anfangen, wird man vielleicht den Vorwurf des Stückwerks erheben. Dies nicht ganz zu Unrecht, da die Musik sich laufend erneuert, und immer weiterfließt, die einzelnen Teile aber nicht in die Länge gezogen werden. Es gibt daher auch keine wirklich langen Stücke mit Untertitelteilen, die über Minuten hin gleich bleiben. Das ist dann wie gesagt je nach Standpunkt ein Vor- oder Nachteil. Ich persönlich finde das Album, gerade für Deutsche, die es ja heute fast nie schaffen so eine durchdachte, virtuose und bombastische Musik zu machen, sehr gelungen. Damit ist also der Beweis erbracht, dass es bei uns doch noch gute Musiker gibt, die sich in der kaum besetzten Mitte zwischen banal und avantgardistisch-komplex tummeln.

El Supremo



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