CD Kritik Progressive Newsletter Nr.14 (04/1997)

England - Garden shed
(47:45, RWE, 1977)

Samstag morgen 8 Uhr und es klingelt an der Haustür. Welches A... weckt einen da mitten in der Nacht? Ach, mal wieder der Paketdienst! Und was bringt er? Aha, ein größeres Paket aus Engeland. Von wem? "Forward Company", noch nie gehört. Na schauen wir mal rein. Und was ist drin? Unfassbar!!! England - "Garden shed" auf CD. Nach langjährigem Hick-Hack um die Veröffentlichungsrechte gelang es den Musikern, beflügelt durch den "Verkaufserfolg" der Veröffentlichung von "The Last of the Jubblies", nun doch dieses Meisterwerk vom Masterband digital remixed auf CD zu bannen. Glücklichen Umständen ist es zu verdanken, dass in einem Arista Studio in USA selbiges Band gefunden werden konnte. Sollte es auf der Welt noch irgend einen Proggy geben der dieses Meisterwerk der Prog-Geschichte noch nicht kennt, hier eine kurze Beschreibung. Englands "Garden shed" wurde 1977 zum ersten Mal auf Arista veröffentlicht und unter der damaligen Genesis Fangemeinde als die wohl zweitbeste Symphoprog Scheibe neben "Selling England" bezeichnet. Dies ist glücklicherweise nicht nur meine Ansicht. Die Instrumentierung, die Arrangements, der Einfallsreichtum in den Kompositionen, und schließlich der unverwechselbare Sound der Instrumente (z.B. der Snare des Schlagzeuges) machen dieses geniale Teil Musikgeschichte aus. Einer der größten Fans der Band lebt in Japan, und hat bereits vor einigen Jahren eine CD von einer schlechten Vinyl-Kopie gezogen, und veröffentlicht. Sein wohl in Japan bedeutendstes Mailorder-Unternehmen für Prog hat er deshalb auch "Garden Shed" benannt. Für mich ist England - "Garden shed" seit dem Erscheinungsjahr eine der wohl 5 ausgewählten Scheiben (neben "Relayer" natürlich) die ich unbedingt auf eine einsame Insel mitnehmen würde. Der digitale Remix hat dieses Gefühl noch bestärkt, da in dieser Version nun auch noch bislang versteckte Details zu hören sind, die nach über 20 Jahren, und mehr als 100-fachem Anhören, einen neuen überwältigenden Eindruck hinterlassen. Die Redaktion des PNL wird mir wohl wieder meine Euphorie vorwerfen, aber wenn ich schon mal wieder ein Review schreibe, dann ist's halt ne geniale Scheibe - gelle? Ein bisschen sollte jedoch diese Aussage mit Inhalt gefüllt werden. England bieten auf "Garden shed" ausgeklügelten Chorgesang und mächtig viel orchestral angehauchten Bombast. In verschachtelten Kompositionen mit gehörigem Melodieanteil bekommt man britischen Progressive Rock der alten Schule, sprich als Vorbilder schimmern neben Genesis in kompositorischer Hinsicht, ebenfalls Yes bei der Bassarbeit, und Gentle Giant bei den mehrstimmigen Vokalarrangements durch. England zitieren lediglich, bleiben aber trotzdem eigenständig. Es krachen Hammond und Mellotron, und wer unbedingt Longsongs braucht, bekommt hier gleich drei Stück mit einer Spieldauer von über 10 Minuten. Ein echter Klassiker. Zu allem Überfluss hat sich die Band auch noch reformiert, möchte ein neues Album einspielen, und vielleicht nächstes Jahr auf Tour gehen. Ihr könnt ruhig schon mal bei mir Euer Ticket für das im Raum Stuttgart stattfindende Konzert reservieren.

Thomas Jörger



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