CD Kritik Progressive Newsletter Nr.14 (04/1997)

Høst - Live & unreleased
(64:47, Research Records, 1994)

Beeinflusst durch die schwedisch singenden Progressive Rock-Bands November und Life, kamen unabhängig voneinander die beiden Norweger Svein Rønning und Lasse Nilsen Anfang der 70er auf die Idee, sich ebenfalls dieser Stilrichtung, ergänzt durch Gesang in ihrer eigenen Muttersprache, zuzuwenden. 1974 war das Geburtsjahr von Høst, man bekam einen Schallplattenvertrag beim norwegischen Ableger von Polygram, und in nur sechs Tagen wurde ihr Debüt "På sterke vinger" aufgenommen. Es folgten noch zwei weitere LPs, aber verschiedene Personalwechsel und Misserfolge ließen die Band schließlich 1978 auseinanderbrechen. 1991 fand man sich nochmals für zwei Reunion Konzerte zusammen, aber seitdem gab es kein weiteres Lebenszeichen der Norweger. Die Aufnahmen auf dieser CD sind, wie schon der Titel erahnen lässt, ausschließlich Liveaufnahmen, die bisher noch unveröffentlicht waren. Zu hören sind sechs Titel von einem Auftritt im schwedischen Karlstad von 1975, drei Lieder vom Reunion Konzert und vier englisch gesungene Titel von ihrem einzigen Auftritt im norwegischen Fernsehen aus dem Jahr 1978. Von den ausführlichen Ansagen, vor allem beim schwedischen Konzert, versteht man leider kein Wort, es sei denn man ist der norwegischen Sprache mächtig (oder ist es vielleicht doch schwedisch?). Macht aber weiter nichts, denn wie schon im Booklet erwähnt, präsentiert Research Records wörtlich "one of the bands in the world". Da schwingt sicherlich zu viel des Lobes mit, denn Høst sind zweifelsohne gut, sie aber nun auf das Schild einer der besten Bands der Welt zu heben, geht doch zu weit. Was ist nun das Rezept der Norweger? Sie mischen angestaubten Progressive Rock der 70er mit reichlich aggressiven Gitarrensounds an, wobei das Keyboard total in den Hintergrund gedrängt wird. Dazu einen Schuss Blues Rock, auch mal komplexere Arrangements, ohne sich jedoch in langatmigen Instrumentalteilen zu verstricken. Trotzdem spielen sie die Nummern so, das sie nicht berechenbar sind, das man selbst nach zwei Minuten nicht unbedingt vorhersagen kann, wie sie enden werden. Die Musik bleibt jedoch immer anhörbar. Schöne Melodien sind zwar vorhanden, diese aber nicht immer sofort einprägsam, vielmehr dominieren euphorische Gitarrensoli. Von den bekannten Prog Größen der 70er kann vielleicht ganz entfernt noch King Crimson oder Kaipa herhalten, Høst bewahren jedoch mit ihrem Stil Eigenständigkeit. Ein musikalischer Ausbruch wird dann aber bei den englisch gesungenen Titeln versucht. Mit wesentlich akzentuierteren Rhythmen, schöneren Melodien, viel Flöte und leichtem Jazz Rockeinfluss macht man eher Zugeständnisse an das Publikum.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1997