CD Kritik Progressive Newsletter Nr.13 (03/1997)

Abraxas - Abraxas
(60:03, Ars Mundi, 1996)

Mag man nun diesen Stil Neo-Prog, Symphonische Rockmusik oder weiß der Geier wie auch immer nennen. Absolut egal, solche CDs kräftigen den Glauben an eine Musikrichtung, die sich zwar progressiv nennt, im eigentliche Sinne des Wortes dies aber schon lange nicht mehr ist. Dummerweise hat bis heute keiner einen besseren Namen als Progressive Rock erfunden, Verbesserungsvorschläge werden aber gerne von der Redaktion entgegengenommen. Polen entwickelt sich so langsam als Brutstätte für ausgezeichnete Bands, die sich der melodischen Variante der unaussprechlichen Musikrichtung verschrieben haben. Neben Collage, Albion, den auch live absolut fantastischen Quidam, ist Abraxas eine weitere Band unseres östlichen Nachbarn, die diesen musikalischen Weg eingeschlagen hat. In schmucker Verpackung, mit einem kunstvoll bebilderten Booklet, ist ebenfalls der optische Eindruck überdurchschnittlich gut. Bekannte Zutaten wurden in neuer Form vermischt - weinende Gitarren, langgedehnte atmosphärische Passagen, hoher Melodieanteil und ausufernde Soli. Dazu ein Sänger, der mit seiner stimmlichen Wandlungsfähigkeit ein kleines Sahnehäubchen für den Ohrenschmaus liefert. Allein die polnische Sprache sorgt bei manchem Käufer noch immer für Stirnrunzeln und ablehnende Haltung. Variationsreich gespielt, erreichen Abraxas fast den gleichen Überraschungsmoment in musikalischer, wie kompositorischer Hinsicht, wie dies vorletztes Jahr von der italienischen Band Aufklärung geschafft wurde. Doch um die Objektivität zu wahren, soll ebenfalls Platz für den Anflug von Kritik sein. Stellenweise klingen die Übergänge, und besonders die Gitarre etwas zu hölzern, wie auch kompositorischer Leerlauf zu vermelden ist. Jedoch versprüht dieses Debüt trotz einiger Längen einen hohen Unterhaltungswert, und ist allen nicht unbedingt auf englischsprachige Bands fixierten Hörern, zu empfehlen.

Kristian Selm



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