CD Kritik Progressive Newsletter Nr.12 (01/1997)
Tomas Bodin - An ordinary night in my ordinary life
(66:12, Foxtrot Records, 1996)
Um die Zeit zwischen zwei Flower Kings Alben zu verkürzen, hat sich Tomas Bodin, Keyboarder derselbigen, wohl entschlossen, ein Soloalbum unters Volk zu bringen, Nein, nein, das wäre wohl bös, zu unterstellen, dieses Albums sei nur ein Lückenbüßer. Es ist schon ein eigenständiges Werk, obwohl man ganz klar sagen muss, dass die Parallelen zu den Flower Kings eindeutig auf der Hand liegen. Kein Wunder, wenn man sich die Liste der Gastmusiker anschaut. Denn von Owe Eriksson mal abgesehen, der bei vier Liedern des Bass zupft, ist sonst die gesamte Flower Kings Band vollzählig angetreten. Da bekannterweise Roine Stolt deren Gittarero und Mastermind ist, finden wir auch diesen Herrn an den Saiteninstrumenten wieder, bei zwei Liedern sogar am Bass. Daher klingen die Teile, an denen die Gitarre ins Geschehen eingreift, besonders stark nach den Flower Kings. Der gute Roine hat nun mal einen ganz speziellen und unverkennbaren Stil. Außerdem hat er, mal wieder unter einigen seiner unzähligen "Decknamen", die Scheibe auch produziert (Don & Gepetto Azzaro) und gemischt (Dexter Frank Jr.). Aber auch Hasse Bruniusson, der alte Percussion Komodiant, pfeift, trommelt und klappert mit. Nun aber zurück zum eigentlichen Soloartisten, der, wie gesagt, von den Tasteninstrumenten her kommt. Dies hört man natürlich auch der Musik raus, aber zum Glück nicht so penetrant und zudeckend, wie dies andere Kollegen seiner Zunft (leider) oft tun. Da Bodin die Flower Kings Truppe angeheuert hat, hat das ganze zum Glück doch einen starken Gruppencharakter entwickelt, d.h. alle Instrumente dürfen mal ran, obwohl selbstverständlich die Keyboards insgesamt die Oberhand behalten. Was bei den Blumenkönigen vielleicht nicht immer so deutlich wird - Tomas Bodin hat es keyboardmäßig wirklich drauf, und hat auch an kleineren Jazz Passagen seine Freude. Beste Beispiele das flotte "Speed wizard" oder noch deutlicher "The magic rollercoaster", bei dem zu einem treibenden Slap Bass Jazz Akkorde vom E-Piano verstreut werden. Aber immer wieder kommt das Flower Kings Feeling durch, da auch in den ruhigen Passagen öfters mal das alter Mellotron eingesetzt wird. Die Songs sind ausgewogen, wobei die "normalen" ruhigeren Teile (auch mal mit Flöte) vorherrschen. Aber es gibt genug Bombast (auch mit Kirchenorgel) und hie und da eben auch leicht abgedrehte, und wie gesagt auch jazzige Teile, die dem ganzen dann seine eigene Note geben. Mit einem 8-, zwei 9-minütgen und einem 16-Minuten-Lied ist dann auch den Freunden des Longsongs gedient. Von dem, für meine Begriffe, völlig unnützen sechsten Track mal abgesehen, bei dem nur Geräusche und Samples eingespielt werden, und an vielen Knöpfen rumgespielt wird, ein überdurchschnittliches Instrumentalalbum. Bodin konnte zeigen, dass er in beiden Bereichen Spieltechnik und Komposition absolut fit ist. Dann gibt's noch ein schönes Cover mit psychedelisch angehauchten und computerbearbeiteten Bildern, bei dem v.a. sein eigenes total verzerrtes Portrait witzig ist, bei dem er aussieht, als hätte ihn eine Monsterbiene in den Kopf gestochen. Einerseits also große Flower Kings Einflüsse (oder ist es genau anders herum, dass er die FloKis so stark beeinflusst?), andererseits kein totales Plagiat. Damit jedem zum Anhören empfohlen, für alle FK Fans - besorgen!
El Supremo
© Progressive Newsletter 1997