CD Kritik Progressive Newsletter Nr.11 (11/1996)
Zello - Zello
(40:58, Ad Perpetuam Memoriam, 1996)
Diese Kritik lässt sich eigentlich in einem Satz zusammenfassen: dies ist die beste Kansas CD, die nicht von Kansas stammt. Damit wäre dann wohl alles gesagt. Okay, okay, ganz so kurz möchte ich es dann doch nicht machen und deswegen für alle diejenigen, denen diese Kurzzusammenfassung zu wenig Informationen gibt, nachfolgend eine umfassende und erläuternde Kritik. Zuerst mal zu den anderen Einflüssen dieser Band, die als Inspirationen Jethro Tull, Kaipa, Kansas (welch Überraschung!), UK und Yes nennen. Nun von Meister Anderson oder Yes kann ich nur wenige offensichtliche Anleihen erkennen, vielmehr finden sich diese Einflüsse in den ausgefeilten Kompositionen wieder. Von UK wurde Eddie Jobsons virtuoses und verfremdetes Geigenspiel entliehen und von Kaipa greift man auf den wunderbar fetten Orgel- und Synthesizersound aus den 70ern zurück. Der aber absolut erschlagende Einfluss von Kansas spiegelt sich sowohl in dem sehr dominanten Gegeige von Lennart Glenberg, als auch im Gesang von P-O Saether wieder. Bei den Titeln wurden gleich zwei Kansas Nummern geklaut ("The angels have fallen" und "Hold on"), wobei es sich nicht um Coverversionen, sondern nur um Titelklau handelt. Daneben sind die Ähnlichkeiten zu den Arrangements der Amerikaner jedoch sehr eindeutig. Was Zello vom reinen Klon entfernt, ist der massive Einsatz von Tasteninstrumenten und eine Virtuosität in den Soli, die sich doch etwas vom allgegenwärtigen Vorbild abhebt. Leider wurde auch bei der Gitarre gespart, die doch etwas Abwechslung in die Saiten- und Tastenduelle gebracht hätte. Die CD beginnt mit der instrumentalen "Overture", die zuerst nicht erahnen lässt, was auf den leider zu kurzen 40 Minuten folgt: Bachrauschen und schräge Töne lassen zu Beginn nur schwer erahnen, wohin die musikalische Riese geht. Doch spätestens, wenn so richtig losgegeigt wird und der Gesang beim folgenden "Fairy queen" beginnt, weiß man recht schnell, woher der Wind weht. Diese gewollte(?) Hommage an die großen Vorbilder kann als überaus geglückt bezeichnet werden, musikalische Eigenständigkeit erreichen Zello selbstverständlich dadurch in keiner Weise. Trotzdem ein dickes Lob wegen perfekter Umsetzung und Wiedererkennungswert.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1996