CD Kritik Progressive Newsletter Nr.11 (11/1996)
Variaciones en la cuerda Vol.1
(72:02, Luna Negra, 1995)
Aus der Reihe "Mit Musik die Welt entdecken" machen wir heute einen Ausflug nach Kuba. Auf diesem Sampler mit dem Untertitel "Una vision del Rock en Cuba" wird aber nicht wie der Name vermuten lässt, bloß 08/15 Rock geboten. Vielmehr geben sich hier vier Bands mit jeweils drei Titeln die Ehre, die erstaunlicherweise erahnen lassen, dass es auch auf der sozialistischen Insel in der Karibik, so etwas wie eine progressive Szene zu geben scheint. Sebastián El Toro vertreten den Bereich der esoterischen Klänge. Langgedehnte Akkorde aus den Keyboards werden von eigenartigen Gitarrentönen aus Raum und Zeit untermalt. Dazu quiekt recht unartikuliert die Violine, den Walgesängen nicht unähnlich. Da auch 20 Minuten lang kein Schlagzeug und Gesang weit und breit zu hören ist, kann man diese Musik getrost als experimentelle Neuauslegung des Begriffes New Age definieren. Bei Perfume De Mujer handelt es sich um ein Duo, welches alle Instrumente selbst bedient. Leider kommen Bass und Schlagzeug aus der Konserve und klingen zu technisch und kalt. Der Gesang ist leider auch etwas daneben und die Produktion zu dumpf. Trotzdem bieten die beiden ansehnlichen, wie auch anhörbaren, gitarrendominierten Prog Rock. Zwar nicht überragend, aber sehr ordentlich. Das Instrumental "Desvio" zeigt aber auch, dass sie mehr können. Ohne Gesang, mit viel Drive und Abwechslung fällt hier auch das synthetische Grundgerüst nicht mehr ganz so negativ auf. Naranja Mecánica bemühen anschließend nicht große Studiotechnik, sondern zeigen live, dass sie musikalisch sehr viel drauf haben. Das Quartett spielt ausschließlich instrumental und verzichtet lieber gleich auf unnötigen Gesang. Die Flöte steht absolut im Vordergrund, die Arrangements sind sehr abwechslungsreich, voller Breaks und Überraschungen, bisweilen ansatzweise auch jazzig. Für ein paar Takte wird auch mal "Carry on wayward son" zitiert. Für mich stellt diese Band eindeutig das Highlight dieser CD dar. Leider fällt auch hier wieder die dumpfe Klangqualität auf. Musikalisch auf gleichem Niveau bewegen sich Mùsica Dé Repuesto. Das es anscheinend nicht genügend Schlagzeuger in Kuba gibt, kommt der Rhythmus auch hier aus dem Computer. Bei dieser Band steht vor allem die Violine im Vordergrund, die stellenweise im Stile eines David Cross, bloß ohne dessen Power, gespielt wird. Die Stimmung ist dunkel und schwermütig, womit diese CD mit Exotenbonus und Sammlerwert ausklingt.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1996