CD Kritik Progressive Newsletter Nr.11 (11/1996)
Motoi Sakuraba - Beyond The Beyond Original Game Soundtrack
(47:49, Antinos Records, 1996)
Beim genauen Studium der lateinischen Buchstaben auf diesem japanischen Silberling kommen zuerst Zweifel auf. "Original Game Soundtrack"? Oh, Hilfe! Computermusik zu einem Computerspiel! Das riecht ja sehr verdächtig nach programmierter totaler Langeweile. Doch beim Entziffern bekannter Hieroglyphen im Booklet liest man dort, dass sich niemand anderes als Motoi Sakuraba, seine Zeichens ex-Keyboarder der japanischen Bombast Prog Rocker Déjà Vu, hinter der Musik verbirgt. Und so warten die fünf Titel mit einer Mindestlänge von 9 Minuten auch mit einigen Überraschungen auf. Zwar ist "Beyond The Beyond" ein total instrumentales Keyboardalbum, doch kommen die Schlagzeugparts nicht aus der Dose, sondern wurden von einem echten Menschen namens Takeo Shimoda sehr gelungen eingetrommelt. Des weiteren lockt Herr Sakuraba aus seinen elektronischen Wunderkästen alle erdenklichen Sounds hervor. Von choralem Männergesang, Geigen, Gitarren, bis hin zu Spinett, Hammond, Mellotron, Klavier und typischen Synthie-Sounds. Wobei er anscheinend einen Narren an tiefen gesampelten Männerstimmen gefressen hat, da diese sich wie ein roter Faden durch das Album ziehen. Neben sehr mystischen, ruhigen Passagen hat die Musik auch oft genügend Dampf und der Japaner erweist sich als wahrer Meister an den weißen und schwarzen Tasten. Die einzelnen Kompositionen sind trotz reiner Instrumentalität vom Aufbau her spannend, sehr virtuos, dabei aber weitgehendst melodisch und greifen auf Muster aus der Klassik, sinfonischen Bombast, Progressive Rock und leichten Folk und Jazzanleihen zurück. Musik, die für ein Computerspiel wirklich viel zu schade ist oder diesem eine total andere Dimension gibt. Deswegen ist meine zuerst vorhandene Skepsis total gewichen, und lässt diese Arbeit wie auf dem Cover in einem sehr warmen Licht erscheinen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1996