CD Kritik Progressive Newsletter Nr.11 (11/1996)
Lapsus Linguae - Graines de vie
(70:59, Privatpressung, 1996)
Und was bietet uns die französische Küche heute? Gut verdauliche Kost mit unvergleichlichem Charme serviert. Diese 71-minütige Berieselung ist sowohl für die Ohren, als auch für den Magen sehr gut genießbar. Ach ja, wo ich gerade beim Essen bin - also die chinesische Küche ist wirklich hervorragend und das Herumhantieren mit den Stäbchen macht keinerlei Probleme. Aber halt, ich wollte ja jetzt nicht mit irgendwelchen Details aus meinem Sommerurlaub langweilen. Deswegen flugs zurück zu den kulinarischen Genüssen aus Westeuropa. Die fünf wackeren Gallier versuchen ihre Neo Prog Suppe mit allerlei Zutaten schmackhaft zu machen. Da wird kräftig zwischen schönen Melodien und etwas würzig angerichteten Gitarren hin- und hergeschwenkt. Rhythmisch sehr solide und gekonnt, wird auch mal solistisch die eine oder andere Überraschung auf den Teller gebracht. Ebenso ist da Platz während der Mahlzeit, sprich den einzelnen Liedern, für etwas Ruhe und Besinnlichkeit, wozu man auch mal akustisches auftischt. Daneben wird ebenso nicht an der Länge der einzelnen Gänge gespart: mindestens 8 Minuten lässt man sich immer Zeit und der Hauptgang namens "La trilogie du destin" wird lässig auf 27 Minuten ausgedehnt. Doch der anspruchsvolle Gourmet findet leider doch noch ein paar Haare in der sonst so gute genießbaren Prog Suppe. Nun, französischer Gesang ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack, stößt aber trotz kleiner gesanglicher Mängel weitgehendst nicht so sauer auf. Was leider fehlt, sind die entscheidenden Kräuter, die jedem Gericht den letzten Pfiff geben. Nett zubereitet, gut gekocht, aber leider fehlt dass, was den Genuss länger in der Erinnerung lässt. Hier wird auf jeden Fall mehr als biedere Hausmannkost geboten, aber für einen Eintrag im Guide Michelin reicht es doch noch nicht. Ein netter Happen, gut und problemlos genießbar zwischen den Hauptmahlzeiten.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1996