CD Kritik Progressive Newsletter Nr.11 (11/1996)

Arachnoid - Arachnoid
(66:33, Musea, 1978)

Für Prog Freunde mit einem Faible für die französische Spielart des Progressive Rocks der 70er wird dieses Album sicherlich nicht uninteressant sein. Hinter dem Namen Arachnoid verbirgt sich eine der Hirnhäute, die das zentrale Nervensystem umgeben, dies sollte den psychedelischen Aspekt (O-Ton Musea) ihrer Musik widerspiegeln. Andererseits bedeutet "arachnoid" auch spinnenähnlich, was im Frontcover dargestellt wird - man versuche mal, Hand bzw. Finger derart zu verrenken! Die Geschichte der Band geht bis ins Jahr 1970 zurück. Rund 8 Jahre später wurde im Studio von Philippes Besombes (damals eine feste Größe im Electronic / Prog Bereich) ihr erstes und leider auch einziges Album aufgenommen, das zunächst nur in sehr geringer Auflage erschien, und schnell zum (kaum bezahlbaren) Sammlerstück avancierte. Dank Museas Aktivitäten war knapp 10 Jahre später diese Platte auch dem Normalverbraucher in Form einer Vinyl-Widerveröffentlichung zugänglich. Jetzt liegt es auch auf Silberling vor, natürlich wieder mit Bonusmaterial versehen, diesmal vier an der Zahl: drei Live Versionen plus ein "different mix" bereits bekannter Titel, deren Qualität jedoch - verständlicherweise - nicht gerade berauschend ist (eher rauschend). Das Quintett bestand aus Gründer Patrick Woindrich (Bass / Gtr / Voc), Nicolas Popowski (Gtr / Voc), Francois Faugieres (Org / Mellotron / Voc), Pierre Kuti (Pianos / Synthis) und Bernard Minig (Dr). Lead Sänger Marc Meryl, ein wesentlicher Bestandteil der theatralischen Live Show der Franzosen, stieg aufgrund persönlicher Differenzen kurz vor den Studioaufnahmen aus. Statt dessen wurde die Gesangsparts auf drei Musiker verteilt, was dem Gesamtsound übrigens sehr zugute kommt. Arachnoid reihen sich nahtlos in die von Bands wie Ange, Atoll oder Mona Lise geprägte 70er Art Rockszene Frankreichs ein. Der typische Orgel- und Mellotron-dominierte Keyboardsound, der diese ab und an etwas düstere Atmosphäre ausmacht, plus theatralischer Gesang, der manchmal an Mona Lisa erinnert, dazu die passende Gitarrenarbeit von Popowski, dies alles ergibt ein dieser Zeit entsprechend hervorragendes Album. Schon im ersten, knapp 14-minütigen Titel "Le chamadere" kommen all diese Komponenten zum Tragen: Stimmungswechsel, mal ruhig, mal düster, mal leicht chaotisch, mal bombastisch mit übereinandergelegten Keyboards- und Gitarreneinlagen (nach knapp Minuten z.B. eine Passage, die mich von der Atmosphäre sogar leicht an alte Genesis erinnert). Hervorragend. Wer allerdings mit französischem Gesang (hier von einer Ausnahme abgesehen in der Heimatsprache gesungen) nix anfangen kann, braucht Arachnoid gar nicht erst anzutesten. Ich höre gern mal französischen Prog alter Schule, also höre ich auch gern mal Arachnoid.

Jürgen Meurer



© Progressive Newsletter 1996