CD Kritik Progressive Newsletter Nr.11 (11/1996)

Espiritu - Espiritu
(36:21, PRW, 1982)

Manchmal tauchen Prog Gruppen aus Ländern auf, von denen man nicht mal "normale" Rockbands kennt. Bei Brasilien fallen einem wenigstens neben den unzähligen Prog Bands (z.B. Sagrado, Anima, Dogma) die Metaller von Sepultura ein, bei Argentiniern wird es da ungleich schwerer. Nach angestrengtem Durchforsten der Hirnwindungen kamen mir dann immerhin noch die progressiven Rael in den Sinn. Doch bereits in den 80ern trieb eine andere progressive Formation im Land der Gauchos ihr Unwesen. Auf etwas zu kurz geratenen 36 Minuten zeigen Osvaldo Favrot (Gitarre), Fernando Berge (Gesang), Angel Mahler (Keyboards), Claudio Cicerchia (Bass) und Rodolfo Messina (Schlagzeug), dass sie ihre Hausaufgaben recht ordentlich gemacht haben. Sinfonischer Rock mit einem breiten Spektrum von Einflüssen, der diese CD zumindest teilweise von nur einfach gestricktem Melodic Rock abhebt. Die Skala reicht von melodischem Bombast bis hin, für abgehärtete Ohren, zu einfach gestricktem Pop Prog. Diese Musik ist weder 100%ige Spitzenklasse, noch ein vollständiger Totalausfall. Eher reiht sich Espiritu im gesicherten Mittelfeld ein. Beim Gesang kann man noch mal ein Auge zudrücken, da Fernando Berge vokal als solide durchgeht, zum Glück dabei beim Spanischen bleibt und sich nicht, wie schon viele andere südländische Sänger, mit einer lächerlich klingenden zwangsenglischen Aussprache abmüht. Die Produktion geht für den Anfang der 80er in Ordnung, hätte jedoch ruhig mehr druckvolleres Volumen vertragen können. Auf der Habenseite könnten Espiritu stiltypische Keyboardsoli und weinerliche Gitarrenklänge verbuchen, bestes Beispiel dafür Song Nr.2 "Antes tal vez". Daneben wird auch mal etwas kräftiger abgerockt ("Guardianes en pie"), grobe Schublade Santana. Gegen Ende der CD werden die Lieder kürzer und akustisch, was sich ebenfalls auf die Qualität auswirkt. In knapp drei Minuten kann man nun mal nicht so viel reinpacken und der progressive Einfluss muss einfacheren Ideen weichen. Ebenfalls nichts ganz gelungen ist die grafische Darstellung im Booklet. Man griff auf Bilder von wahrscheinlich einem Fernseh-Livemitschnitt der Band zurück, die leider nicht sehr deutlich sind. Wenigstens noch einige brauchbare schwarz-weiß Fotografien lassen mehr von den Musikern erahnen.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1996