CD Kritik Progressive Newsletter Nr.10 (09/1996)

Galaad - Vae victis
(67:26, Musea, 1996)

In einem Leserbrief im letzten Empire wurde als Kritik in leicht ironischem Unterton behauptet, dass Musea viele Veröffentlichungen herausbringt und alle schrecklich seien. Es ist zwar die Geschäftspolitik dieses Labels jede Woche eine CD zu veröffentlichen und dass dabei die breite Masse nicht alles gleich interessant klingt, ist bei der Menge wohl verständlich. Hätte der Schreiber dieses Briefes sich jedoch die neue Scheibe von Galaad angehört, dann wäre er bestimmt anderer Meinung gewesen, denn das zweite Werk dieser Band aus dem französisch sprechenden Teil der Schweiz, ist mehr als gelungen. Für den Fan sinfonischer Rockmusik wird hier alles geboten, was das Herz höher schlagen lässt. Zu hören bekommt man bombastische Arrangements, getragen von ausgefeilter instrumentaler Beherrschung an jeglichen Instrumenten und Stimmbändern. Der Gesang ist bis auf eine englische Textzeile in französisch gehalten, die musikalische Umsetzung eher britisch orientiert. Der erste Höreindruck ist bereits sehr positiv, verbreitet der Opener "L'epistolier" doch sehr viel Power und Dynamik, denn Galaad spielen ihren Neo Prog härter und abwechslungsreicher als die Landsmänner von Clepsydra. Da kracht auch mal die Gitarre und kurzfristig kreist der Heavy Hammer. Jedoch spielen die fünf nie knallharten Metal, sondern die explosiveren Teile reihen sich in das melodische Grundkonzept überraschend, aber immer stimmig ein. Weinerliche Gitarren à la Steve Rothery oder Steve Hackett sorgen für die rechte Stimmung und die weitgefächerten Soli von Gitarre und Keyboards verbreiten die nötige Harmonie. "Le feu et l'eau" dient hier als Beispiel und erreicht mit seinem luftigen Gewand mühelos die Klasse anderer Größen des Genres. Doch nicht nur die typischen, wenn auch schon sehr oft gehörten, trotz allem sehr frischen Parts, zeigen die Klasse von Galaad. Da wird auch mal aufs Gaspedal gedrückt, um bei Bedarf ebenso sanft ein oder zwei Gänge zurückzuschalten. Haben Aufklärung für frischen Wind an der Adria gesorgt, so sind Galaad mit ihrer ausgefeilten Mischung aus altbekannten melodischen Klanggemälde, ergänzt durch neue Einflüsse, die berechtigte Hoffnung der francophilen Fraktion der Prog Gemeinde. Die satte Spielzeit von fast siebzig Minuten wird mit überdurchschnittlichem Niveau gefüllt und kann uneingeschränkt für Liebhaber kräftigen, sinfonischen Rocks empfohlen werden.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1996