CD Kritik Progressive Newsletter Nr.10 (09/1996)

Lee Saunders - A promise of peace
(76:19, CM, 1995)

So geht es einem, wenn man ein Fanzine mit dem Anspruch herausbringt, so wenig wie möglich Überschneidungen bei den Kritiken mit den anderen deutschen Magazinen zu haben. Vor fast einem halben Jahr hielt ich bereits diese CD in den Händen. Nach dem Anhören war klar, dass über so etwas die anderen einschlägigen Schriftwerken einfach schreiben müssten. Also, verschwand dieser Tonträger erst mal im Regal. Und was geschah dann völlig unverständlicherweise? Niemand in Deutschland hat wohl je diese musikalische Verarbeitung des zweiten Weltkrieges zu hören bekommen oder sich die Mühe gemacht, etwas darüber zu schreiben. Ein besonderer Auftrag für Geheimagent 00-Selm der Öffentlichkeit deshalb die Wahrheit zu präsentieren. Lee Saunders setzt sich mit einer geschichtlichen Periode, in diesem Fall einem der dunkelsten Kapitel des 20.Jahrhunderts, den Wirren und Scheußlichkeiten des 2.Weltkrieges, in Wort und Ton auseinander. Aus der Sicht verschiedener Personen wird hier dieser unmenschliche Krieg geschildert. Adolf Hitler und Winston Churchill sind von der Konserve zu hören und geben ihre Aussagen zu Protokoll. Bei der Umsetzung wird auch mal zu Unterstreichung der Worte sowohl in deutsch "ein Volk, ein Reich, ein Führer", als auch in englisch "one people, one country, one leader" zitiert. Neben dem Hauptthema dieses Albums führt auch die Umsetzung in Noten unweigerlich zu einem Vergleich mit Pink Floyd's "The wall" und "The final cut". Zwar nicht ganz so düster und deprimierend wie im Original, sind typische Floyd-Elemente vertreten: hymnische Gitarre im Stile eines Herrn Gilmour, weitreichende Untermalung durch die Keyboards, struktureller Aufbau und gelegentlicher Saxophon Einsatz, Frauengesang im Stile von "The great gig in the sky" und nicht zuletzt der Gesang von Neil Sherwood, der zumindest entfernt an Roger Waters erinnert. Neben diesem Überhang zu einer Gruppe, wird aber durch einen eigenen sinfonischen Stil "A promise of peace" nicht unweigerlich zu "The wall Part 2". Einzig die Geschlossenheit des Gesamtkonzeptes lässt wenig Raum für instrumentale Verspieltheit, verständlicherweise steht vielmehr die textliche Aussage im Vordergrund. Eine ambitionierte Umsetzung eines heiklen Themas und die persönliche Verarbeitung dieses Teils der Geschichte. Aber nicht nur aufgrund der Textaussage ein hörenswertes, nachdenklich stimmendes Konzeptalbum.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1996