CD Kritik Progressive Newsletter Nr.10 (09/1996)

Kevin Leonard - Auto matrix
(44:15, Space Monster Optional Entertainment, 1995)

Mittlerweile habe ich mich anscheinend zum automatischen Empfänger von Keyboardalben entwickelt, denn immer, wenn ein neues ansteht, überlässt mir Kristian gleich ganz generös. Aber eigentlich habe ich da auch nichts dagegen, manchmal sind wirklich ganz gute Sachen darunter, obwohl natürlich die Mehrzahl nicht der Hammer ist. Bei diesem Werk handelt es sich um den Tastenakrobatik des ehemaligen (oder immer noch?) Keyboarders der US amerikanischen Progband North Star. Aber schon diese Info konnte ich nicht mehr aus dem Booklet ziehen, das nur aus einem schlappen Einlegeblatt besteht. So bekam ich nur noch raus, dass Kevin Leonard alle Lieder selbst geschrieben, gespielt, aufgenommen und auch produziert hat. Also mal wieder ein echtes Keyboard-Ein-Mann-Projekt. Da hatte ich schon mal vor dem Einlegen der CD so meine Befürchtungen, die sich auf die Erfahrungen vergangener solcher Projekte stützten. Und gleich das erste Lied bestätigte meine Skepsis. Da geht es zwar ganz flott zur Sache, und man merkt auch, dass Kevin schon ein gutes Maß an handwerklichem Können besitzt, aber die Komposition hat mal wieder gelitten. Die Musik wird abgespult und es wird keine eindeutige Struktur in den Songs deutlich, alles geht ineinander über. Auch gibt es kaum interessante Entwicklungen bzw. Steigerungen, die Geschwindigkeit ist wie gesagt meist im mittleren und schnelleren Bereich angesiedelt. Mich erinnert das unwillkürlich an eine Wurstmaschine beim Metzger, bei der der Hahn aufgedreht wird und die Musik dann aus dem Rohr herausquillt, ohne bestimmte Formen anzunehmen. Leider fehlt hier halt der Metzgermeister, der die wabbelige Masse in feste Formen, sprich den Wurstdarm abfüllt. Will man diese deftige Metapher auf die Musik übertragen, heißt das, das etwas Abwechslung in Form von anderen Instrumenten oder Gesang nicht geschadet hätte. Ob die Drums echt sind oder vom Freund Computer beigesteuert werden, kann ich nicht genau sagen. Sie klingen auf jeden Fall nicht schlecht und ich vermute, sie sind echt. Wenn nicht, sind sie immerhin gut programmiert. Die Sounds der Keyboards lassen auch manchmal zu wünschen übrig. Zu oft tönen billige Klänge aus dem Lautsprecher und auch immer wieder die gleichen. Ich bin ja nun nicht einer dieser beinharten Mellotron Junkies, die nur wenn dieses erscheint, orgasmusähnliche Zustände durchleben, aber hier hätte dieses alterwürdige Instrument, ab und zu eingesetzt, sicher zur Besserung verholfen. Immerhin wird fast nie bei anderen Prog Ikonen geklaut, Ausnahme ist der Anfang von "The Talon", der ganz eindeutig vom Genesis Klassiker "The lamb lies down on Broadway" stammt. Damit also ein relativ typisches Keyboardalbum, das schon gut ist, aber eben die typischen Schwächen solcher CDs aufweist. Dass Mr.Leonard zusammen mit North Star besser war, erübrigt sich wohl zu sagen. Als ungefähren Vergleich könnte man vielleicht Covenant heranziehen, nur nicht so hektisch, aber dafür auch weniger einfallsreich.

El Supremo



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