(42:36, CD, M-Theoy Audio/Soulfood Music, 2017) Mongolen-Metal von Tengger Cavalry, das klingt im wahrsten Sinne des Wortes exotisch, denn diese Band mischt harte Rockstrukturen mit zentralasiatischen Texturen. Also das Album in freudiger Erwartung in den CD-Player gelegt und ab geht der Dschingis. Doch vorbei sind die Zeiten, als Kublai Khan in der ersten Reihe der Tenggers zu finden war und mit kehliger Stimme das Voranpreschen seiner Armada beschrie. Es finden sich auf dieser Scheibe sowohl westliche Tonarten, E-Gitarre, E-Bass, Schlagzeug, Streicher, Pianoklänge, Elektronik-Schnipsel oder psychedelische Einfüsse als auch östliche Skalen, Rahmentrommel, asiatische, meist zweisaitige Instrumente mit Namen wie Tovshuur (mongolische…
Autor: Frank Bender
(41:59, CD, Rare Noise Records, 2017) Kurz und gut! Wie die Spielzeit dieser CD muss auch deren Rezension ausfallen, denn bereits in wenigen Sätzen ist gesagt, dass diese Musik nicht nur essentiell für hoch fidele Nassabspieler, sondern für alle musikalisch hinter den Ohren Trockenen ist, die sich weigern, in ewig regressivem Wahn die Tonträger in Großvaters Prog Rock-Plattenregal so platt zu hören, dass es sich gewaschen hat und keine Rillen in denselben mehr erkennbar sind. Außerdem ist diese Musik ein Lehrstück für alle Instrumental-Prog-Musiker, die meinen, sie wüssten, wie man Jazzeinflüsse in Weichspül-Fahrstuhl-Prog einbaut und die aus diesem Grund alte…
(38:55, CD, Unit/CeDe, 2016) Wird ein Schizophrener automatisch zum Trizophrenen, wenn er brüllt: „Verdammt die (Rächen-)Maschinen, weil sie nicht oder nur fußend auf binärer Logik – etwa künstlicher Intelligenz, die sich bald als Aberglaube heraus-sillyKATisieren dürfte – denken können; verdammt die Cyborgs, weil ihr Denken von zentraler Stelle gesteuert werden kann; verdammt die Menschen, die um den Preis des Verlustes ihrer Mündigkeit freiwillig ihre Denkfähigkeit an Instanzen abgeben, die über ihre Köpfe hinweg entscheiden, so dass die sich selbst entmündigt Habenden vermeintlich nichts dagegen tun können.“ (Höchst interessant wird es allerdings, wenn im Zuge biologischer Transmutation – vgl. Corentin Louis…
(60:58, CD, Timezone Records/Amazon, 2012) Die Schwitz rockt: Es kracht gewaltig im Gebälk der Eidgenossenschaftsvertreter, die beim Tanzen zu dieser Mucke aus allen Poren schwitzen. Das Beste der goldenen Jahre des Classic Rock wird twenty years after mit Alternative Rock- und Psychedelic Rock-Einlagen gebrühwürfelt und heraus kommt im Jahr 2012 ein Konglomerat aus Led Zep, Dep Purp (Phase mit Coverdale&Hughes), Santana und Pearl Jam, das viel Atmosphäre besitzt, weil die Band in Dynamik und Tempo ausgefuchste Songs am Start hat, die allerlei Experimente – Jazz, Tango, arabische Schlenker etc. – beinhalten. Eine Band, die Exkurse in unterschiedliche Stilistiken unternimmt, ohne…
(38:21, CD, Eigenverlag, 2016) Die genialen Öz Ürügülü aus der Schweiz haben einen finnischen Zwillingsbruder namens Utopianisti, der leider völlig zu Unrecht ein Schattendasein fristet. Seit letztem Jahr liegt bereits der dritte Utopianisti-Streich vor. Ist das nun Zappa im Avant-Jazz-Gewand oder Avant-Jazz in Zappa-Maskierung? Weder das eine noch das andere und schon gar nicht sowohl als auch. Mastermind und Multiinstrumentalist Markus Pajakkala (Saxophone, Flöten, Klarinetten, Keyboards und Percussion) ist der Prinz der Herzen bzw. der Thronfolger sämtlicher Liebes-Symbole und erschuf bereits mit den ersten beiden Utopianisti-Alben (Zitat Volkmar Mantei: „Dringende Empfehlung!“) einen eigenen musikalischen Multikosmos, der alle Freunde origineller Klänge…
(51:25, CD, Unit/CeDe, 2017) Diese CD weckt gelegentlich ganz dezente Erinnerungen an Depeche Mode, dann wieder an Kammermusik, an Flamenco oder an Kirmesmusik, meist aber (auch) an Progressiv Rock. War bereits das erste Album von Kant Freud Kafka namens „No Tengas Miedo“ ein Prog-Knaller mit Mike Oldfield- und Joaquín Rodrigo-Bezügen, so wird das Debüt von „Onirico“ nochmals getoppt. Der Duktus des letzteren Albums weist cineastische Züge auf und erinnert denn auch von seinem Grundcharakter immer wieder an Filmmusik; man stelle sich den Film „Das Piano“ mit Peter Greenaway als Regisseur bzw. als rein musikalisches Konzept in einer imaginativen Filmkulisse des…
(53:44, CD, Progressive Promotion Records/Amazon, 2017) Wer soll all die gute Musik hören, die innerhalb der vergangenen Jahre in immer umfangreicherem Maße veröffentlicht wird? In diesem Fall ist die Zielgruppe klar: Alle Freunde stringent und gleichwohl komplex komponierter und virtuos gespielter, instrumentaler und zu keiner Zeit kalter Fusions-Musik – die tonale Inzest-Bande a la Liquid Tension Experiment, Bozzio Levin Stevens, Planet X, On the Virg, Levin Minnemann Rudess oder Rudess Morgenstein Project lässt lässig grüßen – werden diese Klang-Perlen vor den Säuen fressen. Äußerst erfreut kann in diesem Kontext festgestellt werden, dass derlei Musik von solch hohem Niveau frei nach…
(60:27, CD, Divebomb/Plastic Head, 2017) Diese Musik ist im besten Sinne sentimental; keine Angst, es handelt sich dabei nicht um Säuselmusik, sondern um einen Mix aus Power Metal, Techno Thrash und Prog Metal mit der Attitüde der Achtziger und Neunziger Jahre. Die Stücke klingen, als hätten Musiker von Watchtower, Toxik, Tourniquet und Sanctuary im Jahr 1992 den jungen Damian Wilson gefragt, ob er Lust hätte, bei einem gemeinsamen Projekt zu singen, was dieser begeistert bejahte. Daraufhin hatte man eine zündende Idee: Nicht die Gitarren, sondern der Sänger wurde runtergestimmt und klang in der Basisnote gelegentlich wie Messiah Marcolin; im Höhenbereich…
Wie es sich anfühlt, wenn sich etwa 1000 voll bekleidete Menschen in einer Sauna im Zustand temporärer Verzückung befinden, konnte man im Rahmen dieses denkwürdigen Konzertereignisses erleben. Die Vorfreude auf den Headliner war im Raum nicht nur hör-, sondern auch spürbar, als der Snarky Puppy-Patriarch Mr. Premier League höchst selbst die Bühne betrat und die Vorgruppe namens Becca Stevens Band ankündigte – es knisterte an allen Ecken und Enden. Nichts Ominöses ahnend war man geneigt, das Trio an Akkordeon (Liam Robinson), Gitarre, Charango und Gesang (Becca Stevens) sowie Schlaginstrumenten (Jordan Perlson) mit einem Höflichkeitsapplaus zu begrüßen. Dann ging es Schlag…
(59:06, CD, Unit/CeDe, 2016) Man stelle sich vor, ein äußerst distinguierter Zeitgenosse namens Johann Wolfgang von Zitzen-Witz, wird bald seinen 21. Geburtstag begehen und wünscht sich – zu ihm passend – ein ganz besonderes Geschenk. Er liebt Musik, so lässt er nonchalant verlauten. Aha, das ist doch schon einmal ein guter Tipp. Aber er mag keinerlei Volks-Musik, worunter er z.B. Hinterwäldler-Musik (Country bzw. volksdümmlicher Schlager), Pop, Rock, Heavy Metal, Rap oder Funk versteht, ebenso wenig wie alle Arten von Tanzmusik wie Tango, Samba oder Walzer. Schließlich ist bekanntermaßen Vollkornbrot für das Volk. In seiner Familie wird ausschließlich französisch gesprochen, englisch…
(71:55, CD, Unit/CeDe, 2011) Gitarrenlustige Fusionklänge, die an Granden dieses Genres wie Frank Gamabale oder Steve Morse erinnern und an allen Ecken und Enden grooven, sind wahrlich nicht alltäglich. Diese Viererbande hat es bis zum Level 42 gebracht, gleichsam die Antwort auf alle Fragen, die von niemandem gestellt wurden. Gelegentlich dringen die Wild Thing-Vibrations mit der melodischen Sanftheit eines Pat Metheny, teilweise mit der harmonikalen Vehemenz eines Allan Holdsworth (R.I.P.) ans Ohr des Rezipienten und allüberall auf der Club-Bühnen Hitzen sah ich Musiküsse schwitzen. Doch jenseits der physisch sehr präsenten Komponente der Groovetet-Klangschwaden schwebt die geistige Erhabenheit eines John McLaughlin.…
(53:03, CD, Traumton/Indigo, 2017) Was lange titelt, wird endlich gut. Bereits der kleine Niels hielt nichts von Begrenzungen seines Spieltriebs und damit logischerweise auch nichts von Genregrenzen in der Musik. Insofern ist es naheliegend, dass die vier an dieser Produktion beteiligten exquisiten Musiker ihre inneren Kinder nicht nur nachts innerhalb ihrer Träume zum Spielen rauslassen. Es sind dies Niels Klein, der selbst wenn er improvisativ abgeht wie eine Rakete, an den netten Klari mit seinen Blas-Beats jederzeit wie ein bodenständiger Überflieger wirkt, der Schlüsselmeister Lars Duppler, der dicke Bretter in jeder Tonart bohrt und Hanno Busch, der mal vier und…
(143:13, DVD, Metal Mind/Soulfood, 2017) „Uther, schläfst du schon wieder mit offenen Augen, Bub? Der Drache ist da und möchte dich zum Prinzessinnen-Quälen abholen; sei vorsichtig mit der Axt, du Wachholderschnaps-Drossel, sonst hackst du dir wieder einige Zehen ab. Anständige Prinzen machen so etwas mit der Kettensäge, das ist viel humaner – du weißt ja: Adel verpflichtet. Seit zwanzig Jahren macht ihr jetzt diese kindischen Spielchen. Die Prinzessinnen sind mittlerweile vom Aussterben bedroht. Vergiss deine Frosch-Maske nicht, sonst nimmt der Drache, der wegen seines guten Rufs nicht zusammen mit einem Prinzen gesehen werden möchte, dich nicht mehr zum Spielen mit…
(74:53, CD, Sireena Records/Broken Silence, 2017) Jammern bis der Arzt kommt, weil man nicht genug vom gekonnten Jammen technisch versierter und kreativer Musiker kriegen kann – dafür muss man nicht nach Mombasa reisen. Mombasa kommt per rotierende Scheibe in die jeweilige Wohnstatt, sei es ein kleines Ein-Zimmer-Appartement oder eine Einhundert-Zimmer-Luxusvilla. Hört man sich die vorliegende Live-Aufnahme aus dem Jahr 1976 (am besten per Kopfhörer, obwohl der Sound hinsichtlich der Klangqualität authentisch ist) an, glaubt man fast an ein Déjà-écouté: Es klingt, als würden Carlos Santana, Don Cherry und Herman „Sonny“ Blount mit US-Funkern und -Jazzern sowie mit afrikanischen Musikern die…
(62:31, CD-R, Eigenverlag, 2017) Trippig-komplexe Rhythmen, unterfüttert mit einer äußerst agilen Bassis sowie feingliedriges, kernig-fusioneskes und gelegentlich an Markus Steffen und Wolfgang Zenk erinnerndes Gitarrenspiel mit knallend-knarrenden Riffs an den entsprechenden Ecken und Kanten, alternierend garniert mit Brüllaffen-Bellcanto und dem schöngeistigem Intonieren teilweise fast poppig anmutender Gesangslinien durch den Vokalaggrobaten Virgile. Immer wieder gilt es, fast schon neoromantisch anmutende Passagen zu belauschen, die wie pastorale Miniaturen um einen inneren Pol der Unruhe mäandern und auf diese Weise den Spannungsbogen nicht nur aufrecht erhalten, sondern ihn permanent zwischen Skylla und Charybdis oddszillieren lassen. Ist es möglich, dass alte Meisterkomponisten wie Debussy,…
(44:22, CD, Sireena Records/Broken Silence, 2017) Was passiert, wenn viele Köche in einem Topf unter einem Deckel stecken? Sie setzen den Brei mittels zweier Elekdroiden unter einen Strom und aus dem Kochtopf dringt ein Leuchten, das die gesamte Küche erhellt und sämtliche anderen Töpfe und Pfannen in Reih und Glied tanzen lässt. Dieses Schau-Spiel mutet fast wie die Geschirr-Zirkusnummer aus dem Musical „Die Schöne und das Biest“ an. Noch etwas Fleisch-Brühe dazu und fertig ist die Suppe, welche die mit allen Wassern gewaschenen Kochlöffelschwinger aus dem Inneren des Topfes heraus auf kleiner Flamme köcheln lassen; sie kocht dennoch über, weil…
(55:42, CD, Art Beat Music/Bandcamp, 2015) Was ist das denn für ein wahnsinnig widersinnig schmeckendes Gebräu, das in Pan-domänischer Weise sämtlichen Block-Föten die Bock-Flöten wegzunehmen und ihnen mit diesen die Flötentöne beizubringen vermag? Olga Scotlands MAGnetIC Moon polarisiert die Progger – der Nord- oder auch Sied-Pol der schwimmenden Eis-Blöcke, auf denen die Liebhaber dieser Musik mit dem Eis unter ihren Füßen um die Wette dahin schmelzen, bildet einen Gegensatz zum Süd-Pol der kilometerdick von Eis bedeckten Landmassen, dem Habitat von Hardcore-Nasen, für die derARTIGE Klänge zu lieblich säuseln. Uli Jon Roths kompositorischer Geist zu Zeiten von Electric Sun durchzieht in…
(42:58, CD, FC Metal/Soulfood, 2017) Die brasilianische Band Angra erfand einst die südamerikanische Spielart des Progressive (Power) Metal. Ancestral Dawn aus Peru bringen nun den Inka Metal an den Start, der in Form des oben erwähnten Titels als Konzeptalbum vorliegt und aufhorchen lässt. Aufgebaut nach den Prinzipien einer Rock Oper mit diversen Gastsängern – Ralf Scheepers, Fabio Lione, Mark Boals oder Amanda Somerville – wird die Geschichte der Inka-Völker zum Besten gegeben. Hier wird ein Power Metal-Fest gefeiert, das sowohl Prog- als auch Klassik-Fans auf ihre Kosten kommen lässt. Ethnische Instrumente kommen immer wieder zum Einsatz und verleihen den Kompositionen…
(51:25, CD, Unit Records/CeDe, 2011) Einen Mix aus zappaesken Miniaturen, Jazz, Avant Rock und Gitarrenalbum serviert uns mit „Rotor“ (Dieser Titel ist auf dem CD-Cover gut sichtbar als Anagramm dargestellt.) der Anton aus Tirol. Aus Tirol? Nicht wirklich! Dieses traumwandlerisch sicher ohne Nerz und doppelten Bohlen aufspielende Quartett aus der Schweiz zeigt einmal mehr auf, welch überbordende Kreativität aus dem vermeintlich kleinen Land Helvetia kommt, das viel Wind und noch mehr ohrenbestäubenden Lärm um so manches macht, das es verdient, Gehör zu finden. Nicht zuletzt das in Kenner-Kreisen legendäre Label für mainstream-meidende Musik Unit Records trägt zu dieser Entwicklung maßgeblich…
(48:10, 50:56, 69:04, 63:54, 46:35, 4 CD, 1 Blu-ray, earMUSIC/Edel, 2016) Schlagzeuger sind im allgemeinen nicht die albernen Zappelphilippe, als die sie in der Öffentlichkeit gerne dargestellt werden, sondern meist sehr nachdenkliche und eher introvertierte Menschen wie z.B. Chad Wackermann, Steve Smith, Neil Peart, Bill Bruford, Dave Weckl oder Terry Bozzio; letzteren verbindet mit Mr. „Der Trommler“ ein Hang zu philosophisch-psychologischen Themen. (Nur am Rande sei erwähnt, dass Neil Peart ein begnadeter Schriftsteller ist, der neben sämtlichen Rush-Texten bereits mehrere Bücher veröffentlichte.) Terrys Horizont reicht wie erwähnt weit über musikalische Themen hinaus; dort, wo sich Wissenschaft und Spiritualität treffen, ist…