Autor: Klaus Reckert

"everything happy, and progressive, and occupied" K. Grahame, The Wind In The Willows

(43:13; Vinyl, CD, Digital, Construction Records/Suburban/Just for Kicks, 24.06.2022) Bei unseren nordwestlichen Nachbarn muss doch irgendwas im Wasser sein – ob es an den Grachten liegt? Am Heineken ja wohl kaum?? (Beinahe) aus dem Nichts erscheint hier jedenfalls wieder einmal eine Band, die die progressive Szene aufmischen könnte, ja sollte. Lanciert als “Zwischen Riverside und (in geringerem Umfang) Opeth” lautet das vorläufige persönliche Fazit nach einigen Hördurchgängen eher auf Porcupine Tree meets Tool meets Jo Quail. Und damit würden ja u.a. einige aktuelle Superreize bedient. Die Porcupine-Tree-Assoziation erscheint wohl primär wegen Fons Herders Gesang (A Liquid Landscape), Tool ist unausweichlich…

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Die Geschäftsmodelle in der Musikindustrie haben durch die zunehmende Digitalisierung einen Paradigmenwechsel erfahren. Gerade Auftauchen und Aufstieg der Streaming-Services zeigen bedrohliche Effekte wie andere Disruptive Technologien, bei der laut Wikipedia “ein bestehendes Produkt oder eine bestehende Dienstleistung ersetzt oder diese vollständig vom Markt verdrängt wird”. Zum Problem und (Kultur-)Politikum wird dies aber erst dadurch, dass zahlreiche Musiker vom jetzt verdrängtnuten Modell – also dem Verkauf von Musikmedien wie LP, CD, Tape plus Merch, direkt oder über Labels und Händler – jahrzehntelang leben konnten. Während die Beteiligung am Umsatz, also die “Ausschüttung” an die Content Creators beim Streaming so gering ist,…

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Leprosis Ursprünglich hätte mal Haken der Headliner des Prognosis-Samstages sein sollen. Corona und die Band (bis auf Ross Jennings) wollten es anders – gut für Leprous. Und den Publikumsreaktionen nach auch gut für den Festival-Abschluss. Die Setlist – wohl auch, wie bei Katatonia, aus Fan-Wünschen selektiert, aber da bin ich mir nicht ganz sicher – ließ jedenfalls kaum Wünsche offen: ‘Running Low’, ‘Moon’, ‘Dare You’, ‘Rewind’, … Um da mal Floh zu zitieren: Herausragend waren dabei vor allem die vereinzelten Death Metal Vocals von Sänger Einar Solberg, denn genauso wie seine hohen Tonlagen hat sich auch sein harrscher Gesang über…

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Life is like a Wheelosis Es tat einfach gut, Wheel endlich mal mit gutem Sound zu erleben. Noch besser, wahrzunehmen, wie die Band bei Auftritten immer souveräner agiert. Am besten, mitten drin dabei gewesen zu sein, als sie den kleineren Prognosis-Saal abgerissen haben. Wo sich zu diesem Zeitpunkt gefühlt genauso viele Sardinen-Menschen hineingequetscht hatten, wie zuvor bei Focus in den großen. James Lascelles (Gesang & Gitarre), Santeri Saksala (Schlagzeug), Aki Virta (Bass) und Jussi Turunen (Lead-Gitarre) sind mittlerweile eine sichere Live-Bank. Auch Anwürfe wie der, nur Tool-Kopisten zu sein, perlen inzwischen rückstandslos an dem finnisch-britischen Power-Quartett ab. Denn dafür haben…

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Legendosis Ob das wirklich eine gute Idee gewesen war? Die niederländische Nationalinstitution Focus so relativ spät im Billing eines ProgMetal-Festivals? Aber hallo! Denn das Quartett um Flötist/Organist/Chefjodler Thijs van Leer hatte den großen Saal ab den ersten Flötentönen von ‘Focus 1’ megafest im Griff. Etwaige Bedenken wegen des biblischen Alters des Frontmannes und der doch um einige Härtegrade hinter allem vom heutigen Tagesprogramm zurückbleibenden Musikstil wurden einfach – wegmusiziert. Eine royale Version von ‘House of the King’, die Ausbrüche von ‘Eruption’ und natürlich der Showstopper ‘Hocus Pocus’ ließen das Publikum kollektiv ausrasten. Kein Wunder, dass unsere westlichen Nachbarn auf diese…

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Kelleramourosis In den Keller musste niemand hinab für die lohnende Begegnung mit Cellar Darling, einem ungemein attraktiven Eluveitie-Spaltprodukt. Der Abstieg zum kleinen Saal und eine gewisse Leidensbereitschaft aufgrund des für die Band schmeichelhaften, kaum noch steigerbaren Gedränges reichte schon vollkommen aus. Einer der vielen Gründe, den Festival-Organisatoren dankbar zu sein. Denn das Gewölbe-Liebchen hatte der Autor so überhaupt nicht auf dem Schirm oder im Plattenkeller. Was sich aber nun gründlich geändert hat. Der Charme des Schweizer Trios hat viel mit Anna Murphys Bühnenpräsenz zu tun, ihrer so warmen wie kraftvollen Stimme (bisweilen, z. B. bei ‘Death’, an Anneke van Giersbergen…

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Ferngesprächosis Die beiden Teile von ‘Curiosity’ gaben sowohl vom Thema wie vor allem musikalisch einen idealen Einstieg in den Gig der deutschen Post-Rock-Institution Long Distance Calling ab. Über Mangel an Neugier bzw. Vorfreude konnte sich hier eh keiner beklagen – der große Salon(osis) des Hauses war zum Konzertstart gut, aber noch nicht brechend gefüllt. Die treibenden Rhythmen bauten sich in mehreren Wellen immer gewaltiger auf. Der Lichtmischer tauchte diesen Sturm auf See in monochromes Rotlicht – und viel davon. Wer Post Rock aufgrund des meist “fehlenden” Gesangs per se unspannend findet, dem kann der Besuch eines LDC-Konzertes nur ans Herz…

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Blutrotosis War es nur der Heimvorteil des Sextetts aus Tilburg, der ihnen ein von Anfang an aus allen Nähten platzendes Auditorium bescherte? Wohl kaum. Die Band hat sich u.a. durch Auftritte beim ProgPower Europe 2019, aber auch Support Slots für z. B. Danny Cavanagh oder Klone einen Namen gemacht und die Reihen ihres Gefolges gefüllt. Von Kollegen der schreibenden Zunft als “Doom” angekündigt, erlebten zumindest wir mehr einen einigermaßen originellen Mix aus Alternative Rock, Songstrukturen aus dem Progressive Rock, der überwiegend in gemächlichem Tempo unterwegs ist. Und sehr geprägt von der charakteristischen Stimme von Frontfrau Lisette van den Berg. Mit…

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We are Motörpsycho! Motorpsycho ist – gemeinsam mit Motörhead – vermutlich die Band, die der Autor bisher am meisten im Konzert erlebt hat. Bei Letzteren (R.I.P.) hat es sich einfach auf Festivals immer so ergeben, bei den Erstgenannten hingegen ist dieser Umstand vollkommen freiwillig und lustvoll… Zusätzlichen Reiz erhielt die diesjährige Motorpsychose dadurch, dass damit auch endlich mal wieder ein weißer Fleck auf der rheinischen Konzerthallenlandkarte gestrichen werden konnte. Bim, Bam, Gloria! Das zeitweilig als Porno-Lichtspieltheater genutzte Gloria-Theater in der Apostelnstraße ist wirklich pornös schön: ein kultiger Schriftzug begrüßt die Besucher ebenso wie die wundervolle alte Architektur und der rote…

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Magic Love Potionionosis Was stand jetzt an? “The characteristic and unique Magic Pie sound is founded on strong melodious songs, blended by power”. Oder “Der kleine Bruder der Flower Kings”, wie es in unserem Vorgänger-Print-Medium Progressive Newsletter mal hieß, der relativ häufig über die Band aus dem norwegischen Fredikstad berichet hat. Als Allererstes fiel ja mal auf, dass es im großen Salonosis zumindest anfangs genauso leer war, wie es grade noch bei der Cobra im kleinen überfüllt gewesen war. Komplett korrespondierend auf der Bühne, das Quintett stieg nur als Duo ein. Entfaltete wenig später in voller Mampfstärke aber einen durchaus…

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