Autor: Klaus Heuschkel

Baujahr '65 und somit (gerade noch so, also Glück gehabt) mit der 70s-Musik sozialisiert. Mitveranstalter brotloser Konzerte in Jena mit Schwerpunkt Jazzcore, Avant und allgemeiner Stehmusik. Leidenschaftlicher Musiksammler mit verdächtiger Neigung zu allen möglichen Abartigkeiten und Obskuritäten. Der seltsame Musikgeschmack ist gerne hier nachzuvollziehen: https://laut.fm/freakout

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(64:00, CD, Digital, Odusseia, 03.03.2023) Die Band, oder besser, das Projekt Free Human Zoo erblickte 2011 das Licht der Welt, als sich die beiden Musiker Gilles Le Rest und Laurent SkoczekK zusammenfanden, um ein musikalisches Abenteuer zu wagen. Ursprünglich verwurzelt im Jazz, sollte der musikalische Rahmen weit offener gespannt werden. Gilles beschreibt es selbst so, dass das “neue Projekt als Kreuzung vieler verschiedener Wege angesehen werden soll.” Er nennt den Begriff “Hybridisierung”, um der angestrebten Melange aus Rock, Jazz, Pop, Minimal-Music, Folk und klassischer Romantik einen griffigen Namen zu geben. Zum Erstkontakt des Autors mit Free Human Zoo kam es zur…

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(40:57, CD, Digital, Eigenveröffentlichung, 2022) Nachdem die erste Scheibe der Lyoner Mannen von DRH, “Thin Ice”, verklungen war, mehrten sich die Gerüchte über einen Nachfolger. Der Buschfunk vermeldete auch diskret, dass es wohl zukünftig noch deutlich heftiger zur Sache gehen solle. Nun, die Corona-Zeit und die damit einhergehenden Schwierigkeiten verzögerten die Produktion und ließ uns in gespannter Erwartung noch etwas zappeln. Nun ist sie da – mittlerweile in Eigenproduktion erstellt, da das bisherige Label wohl leider dem Virus zum Opfer gefallen ist – und kann sorgfältig in Augenschein genommen werden. Interessant die Tatsache, dass DRH quasi fast zeitgleich zur Veröffentlichung eine…

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(48:15, CD, Vinyl, Digital, Eigenvertrieb, 2022) Nach den beiden, hier bereits besprochenen EPs, nun also eine “richtige”, eine ganze Platte. Diese Musik verzichtet auf wohltuende Weise auf jedwede Effekthascherei, elektrische Spielereien, Hallgedöns, überhaupt alles, was von der Musik an sich und den Kompositionen ablenkt. Nicht sonderlich üblich in diesen Tagen. Fast skandinavisch muten Klang und überhaupt das ganze Erscheinungsbild an, eine diffuse Verwurzelung in irgend etwas Ländlichem, Erdigem. Schwer zu greifen, spannend gemacht, subtile Unterwanderung. Die Musik schwingt sich intim ein, Motive werden häufig mehrmals wiederholt, um kurz vorm Einbrennen durch heftige Ausbrüche zersägt zu werden. Diese Eruptionen sind das…

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(46:07, Digital, Eigenvertrieb, 2021) Die Aufnahmen dieser Veröffentlichung stammen aus den Jahren 2004 bis 2006 und sind ein interessantes Dokument zur musikalischen Entwicklung des italienischen Bassisten, Komponisten und Arrangeurs Lorenzo Feliciati. Bereits damals wäre das Prädikat Edeljazz angebracht gewesen, die Stücke sind allesamt sauber ausgefeilt, pfiffig arrangiert und geschmeidig dargeboten. Einzig das Konzepthafte der späteren Alben (vgl. “Antikythera” von 2019) fehlt, die Stücke stehen also eher jedes für sich. Es ist Musik zum Entspannen und genau Hinhören zugleich, was der geneigte Hörer als Qualtitätsmerkmal vermerken kann, der kritische Hörer jedoch gleichsam bemängeln könnte. Und genau da trennt sich natürlich, wie…

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(37:26, CD, Vinyl, Rune Grammofon, 2021) Kaum jemand des (nennen wir es mal “durchaus fachkundigen”) Publikums des Würzburger Freakshow Artrock Festivals 2021 hatte diese junge norwegische Band auf dem Schirm. So saßen sie allesamt in gespannter, aber nicht unbedingt ungeduldig-zappeliger Erwartung brav auf ihren Stühlen und schauten und hörten erst einmal genau hin. Minuten später ging ein spürbarer Energieschub durch die Menge. Stunden später wurde noch immer darüber gesprochen. Und Tage später wird nun auch geschrieben. Soviel kurz zur Vorgeschichte… Rune Grammofon, bekannt als Qualitätslabel für Unerhörtes, ging es offensichtlich ähnlich – das zweite Album der Truppe sollte nun also…

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(41:12, CD, Vinyl, Digital, Boomslang Records, 2020) Der Blick hinter die Kulissen verrät, dass hier 2/3 des vielgeliebten Duos PeroPero am Start sind. Somit sollte ein gewisses Energielevel gesetzt sein. Dritter im Bunde, neben den beiden PeroPeros Julian Pajzs und Valentin Schuster, ist Siegmar Brecher an der Bassklarinette. Aha. Wie nun? PeroPero mit Bassklarinette? Soso. Passt nicht zusammen. Also Jazz jetzt? Tja, passt auch nicht so ganz. Eventuell „Ping-Pong zwischen rockigem Kammer-Jazz und jazzigem Kammer-Rock“? Zu lang. Oder vielleicht „Post-Dada“? Auch Quatsch. Es bleiben irgendwie immer ziemlich hilflose Versuche. Verflixt. Was machen die da? MEGANAN by Edi Nulz Es fügt…

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(105:27, CD, Digital, Moonjune Records, 2020) Moonjune Records hat letzten Dezember ein weiteres Dokument von einer der vielen Reinkarnationen der legendären Soft Machine auf den Markt geworfen. Es handelt sich um das recht kurzlebige Projekt Soft Works, der Vorläuferformation von Soft Machine Legacy. Es existierte bisher eine einzige Veröffentlichung in dieser Konstellation, “Abracadabra”, erschienen im Jahre 2003. Hier haben wir nun einen Konzertmitschnitt dieses Materials vorliegen, aufgenommen in Osaka am 13. August 2003. Die Entstehungsgeschichte mit den unzähligen kleinen Geschichten und Begebenheiten kann der interessierte Liebhaber gut auf der ausführlichen Bandcamp-Seite nachlesen – und staunen, welche Fäden da alle zusammenlaufen…

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(43:02, CD, Vinyl, Digital, Distilled & Bottled, 2020) Die Eigenbeschreibung des Bandprojektes Grimény zur Release Show neulich in der Dresdner “Scheune” ist sehr pfiffig geschrieben, voller Selbstironie und mit feinem Wortwitz verfasst: “Grimény tragen Berge ab und lassen Flüsse verdorren. Dissonante Rhythmen werden ausgewrungen und Splitter des Weltenalls, diffuse Emotionen und Anachronismen zu einem neuen Glauben – der großen Enttäuschung – verkeilt. Das Triumvirat aus Berlin, Essen und Dresden betreibt Raubbau an sich selbst. Ihr erstes Album wurde nach ihrer neuen Konfession benannt. Ihr Zweitling – Die Große Aufgabe – kreiert einen neuen unangenehm groben bis romantisch kitschigen Klangmonolithen. Liebe…

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(85:42, DCD, DLP-Vinyl, Digital, RareNoiseRecords, 2020) Wenn die Namen Merzbow (Masami Akita), Mats Gustafsson oder Balázs Pándi fallen, verlässt schon mal die gute Hälfte der Menschen den Raum – “viel zu abgedreht” heisst es da, und weg sind sie. Die andere Hälfte bleibt gespannt vor Ort und schaut und hört erst einmal hin. Fallen gar alle drei Namen gemeinsam, dünnt sich wahrscheinlich die Gesamtsituation noch deutlicher aus. Was ist zunächst die Erwartung? Nun, explosive Freejazz-Attacken, apokalyptische Geräusche und Exzesse. Legt man die Scheibe(n) aber ein, kommt ein völlig anderes Bild zum Vorschein. Die drei Musiker spielen fast zärtlich miteinander. Vier…

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(35:33, CD, Vinyl, Digital, RareNoiseRecords, 2020) Jazz? Punk? Rock? Prog? Es lebe die Schublade! Falls jemand eine findet, in die diese Band hineinpasst, der darf sie gern behalten! Wer die britische Formation WorldService Project einmal live erleben durfte, wird bestätigen, dass ihre Art, mit dem Publikum in Kontakt zu treten, ziemlich einzigartig ist. Sie haben, insbesondere der Bandleader Dave Morecroft, eine unnachahmliche Gabe, die Konzertbesucher zu fesseln, und quasi direkt und sehr persönlich anzusprechen. Die Bühnenpräsenz ist großartig und beeindruckend. Dazu diese Musik mit ihrem permanenten Wechselspiel von knurrigem Kampf gegen die Bösartigkeiten dieser Welt und den dazugehörigen Gegenparts –…

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(40:49, CD, Digital, Eigenvertrieb/Moonjune, 2020) Der serbische Gitarrist Dusan Jevtovic ist bei Freunden internationaler hochkarätiger Jazzformationen wohlbekannt und bei Musikerkollegen ein gern gesehener Gast als Sessionmusiker. Die Liste seiner Mitwirkungen ist lang und beeindruckend. Seit einigen Jahren ist er auch selbst als Bandleader aktiv und hat im März diesen Jahres in professioneller Manier und mit außerordentlicher Besetzung seine sechste Soloplatte veröffentlicht. Was hören wir? Zunächst mal ist das alles mit vollkommener Präzision gespielt. Hier knirscht nichts, aber auch gar nichts, im Getriebe. Wie auch, denn Markus Reuter und die anderen Kollegen machen keine Fehler. Man könnte die Musik vielleicht als…

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(43:15, CD, Digital, quadratisch rekords, 2012) Aus dem Anschreiben zitiert: “[die CD]… ist nicht mehr ganz taufrisch, was ein wenig damit zusammenhängt, dass wir (zu) lange Zeit gedacht haben, eine Art Jazz-Band zu sein. Die meisten Jazz-Clubs, in denen wir aufgetreten sind, fanden uns aber schlicht zu laut. Erst unser Festival-Auftritt auf der Zappanale und freundliches Feedback aus der Prog-Fraktion ließen die Erkenntnis reifen dass unsere musikalische Heimat viel eher bei den Proggern zu finden ist.“ Nun, das ist mal eine Ansage. Und eine Fragestellung zugleich. Denn sie zeigt natürlich dieses (traurige) „Schubladen-Dilemma“ auf, das Musikhörer aller möglichen Fraktionen sauber…

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(“Scope”: 53:21, CD, Sireena Records, 1974/2020) (“II”: 43:31, CD, Sireena Records, 1975/2020) Jazz Rock aus Holland! Es gibt sie, diese obskuren, kleinen Veröffentlichungen aus den 70er Jahren die es nie auf eine CD geschafft haben. Und so begibt es sich, dass sich die Vinyl-Sammler aus aller Welt wie die Spürhunde auf jedes im Netz auftauchende Exemplar dieser seltenen und schon über 40 Jahre alten Schallplatten stürzen, interessiert an Preis, Herkunft und Zustand schnüffeln, drumherum schleichen, beherzt zuschlagen oder dann doch noch abwarten, ob doch nicht demnächst etwas Günstigeres oder in besserem Zustand Befindliches auftaucht. Die Platten sind rar und die…

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(42:31, LP, Digital, Eigenvertrieb, 2018) Sehr hoffnungsvoll, was hierzulande in den letzten Jahren aus dem Untergrund des Ostens hervorblinzelt. Die Dresdner/Berliner Band Orange Utan hat bereits 2018 ein interessantes Album in Eigenproduktion herausgebracht. Und der Progger wird sich die Augen reiben, denn, da schau mal einer an: Das ist ein waschechtes Konzeptalbum. Anders als die meisten Bands der einschlägigen Stoner-Doom-Punk-Grunge-Szene setzen die Jungs eine komplette musikalisch erzählte Geschichte in dieser Dreiviertelstunde um. Hier der Selbstbeschrieb den man nicht besser formulieren kann: „Die Platte erzählt von gesellschaftlichen Verwerfungslinien zwischen Realität und Traum. Protagonisten wie Direktor, Clown und Akrobaten führen durch eine…

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(44:02, CD, LP, Digital, Exile On Mainstream Records, 2020) Zugegeben, das Cover verleitet auf den ersten Blick nicht unbedingt zum spontanen Herunterreißen sämtlicher Kleider und besinnungslosen Kreischen. Aber hey, die Rockgeschichte kennt ja bekanntlich so einige „obskure Spezialitäten“ auf durchaus sehr ordentlichen Tonträgern. Und weil die Band sich selbst nicht ganz so bierernst nimmt und gerne mit selbstironischem und groteskem Auftreten herumbosselt, passt das Bild am Ende doch wiederum perfekt. Hören wir den Inhalt an… Heftiges Riffing ist Programm und kann den Stoner-Freund sofort erfreuen, den Prog-affinen Hörer dagegen zunächst eher abschrecken. Aber eben nur zunächst! Es entpuppt sich nämlich…

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(33:07, CD, LP, Digital, Dur et Doux, 2020) Das Rätsel ist gelöst! Die Frage ist beantwortet! Das Markenzeichen dieser wilden Bands aus dem Dur et Doux–Kosmos ist, oder war (wer weiß das schon wirklich) diese irre, fast sportlich anmutende Musik. Die Szene sprach auch schon mal von Substanzen im Trinkwasser von Lyon. Und ja, die Kenner dieser Kollektive fragten sich insgeheim wohin die Reise noch gehen soll. Was kommt als nächstes, ist das Genre ausgereizt? Die Männer von Chromb! haben ihre ganz eigene Antwort gesucht, und scheinbar auch gefunden. Sie haben sich radikal vom Hochleistungs-Prog verabschiedet und setzen der „wilden…

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(50:16, CD, LP, Digital, BMC Records/Socadisc, 2019) Pulcinella, das sind vier Musiker aus Toulouse und sie spielen und arbeiten bereits seit 2004 zusammen. Das Quartett nahm die hier vorliegende Scheibe im Januar 2019 in den BMC-Studios (Budapest Music Center) in Ungarn auf. Sie sind echte „Weltmusikanten“, besuchten nach eigener Aussage bereits rund 20 Länder – und ziehen daraus ihre Ideen und Inspirationen. Genau dies hört man dem Album deutlich an. Es ist ein Sammelsurium von kulturellen Verschiedenheiten, geeint in einer eigenen musikalischen Idee. Wunderbar leicht und verspielt, auf einem soliden Jazz-Fundament stehend und sehr virtuos streifen sie durch die Welt.…

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(46:44, CD, Digital, R-Records, 2019) Man nehme: Geben sie jeweils 1 EL Jazz, Metal, Avantgarderock, einen Schuss Sake und etwas Manga-Extrakt in ein Gefäß. Dann eine Messerspitze Wahnsinn dazu. Den Mixer auf die höchste Stufe und eine Minute lang kräftig durchmixen. Sofort in einem Zug trinken. Bleiben Sie dabei unbedingt sitzen. Was diese vier Musiker hier abliefern, ist ein Irrsinnsritt – und zwar von der ersten bis zur letzten Minute. Ryoko Ono ist zumindest den Besuchern des Freakshow Artrock-Festivals bekannt, war sie doch mit ihrem letzten Projekt, dem Ryorchestra, 2019 in Würzburg am Start und verzauberte das Publikum mit einer…

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(37:36, CD, LP, Digital, Dur et Doux, 2019) Da ist es nun endlich, das Album dieser Band, die das geschulte und hartgesottene Fachpersonal im September 2015 zur Freakshow in Würzburg in ungläubiges Staunen versetzte. Der Raum (Blauer Adler) war damals in absolute Stille getaucht. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, als die haarigen, rauhbeinigen Männer von Poil diese bezaubernden Damen wie auf einem edlen Silbertablett in den Musikhimmel hinauf hoben. Und nun, nach langer Zeit, also endlich die Platte. Vier lange Jahre hat’s gedauert. Die Erwartungen waren riesig, immer wieder tauchten Fragen auf: “Machen sie nun überhaupt noch was?”,…

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(45:37, CD, LP, Digital, RareNoise, 2019) RareNoise Records ist bekannt für außergewöhnliche und hochklassige, herausfordernde Veröffentlichungen. Man orientiert sich nicht an schnellem Geld und sonstigen Verlockungen des (kommerziellen) Zeitgeistes, sondern sucht eher die Konfrontation. Das sichert garantiert keine sprudelnden Gewinne, wohl aber eine treue und qualitätsbewusste Kundschaft. So auch hier mit dieser interessanten Scheibe. Der sogenannte „Mechanismus von Antikythera“ ist ein antikes, mit einer späteren astronomischen Uhr vergleichbares Gerät. Taucher haben das Gerät um die vorletzte Jahrhundertwende zufällig gefunden. Die Ungewöhnlichkeit dieses Fundes findet sich auch in der hier zu besprechenden Musik wieder. Man könnte auch meinen, dass es sich…

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