(55:29, CD, Open Mind Records, 2020)
Die schwedische Prog-Szene ist bekanntermaßen breit aufgestellt und weist sehr viele Bands auf, die sich in der Szene fest etabliert haben und zum Teil auch zu den bekannten Größen des internationalen Prog-Sektors zu zählen sind. Violent Silence gehören zwar nicht zu diesen Top Adressen, doch dem eingefleischten Skaninavien-Kenner dürften sie sicherlich ein Begriff sein. Die Band wurde von Keyboarder Johan Hedman gegründet und brachte 2003 mit „Violent Silence“ ihr Debütalbum auf den Markt, dem zwei Jahre später „Kinetic“ folgte. Danach gab es eine längere Pause, „A Broken Truce“ erschien erst 2013, und auch Album Nummer Vier ließ lange auf sich warten, doch nun liegt es in Form von „Twilight Furies“ vor.
Im Laufe der Zeit hat sich diese Formation immer mehr verkleinert, auf dem Vorgängeralbum war es schließlich nur noch ein Duo mit Gastmusikern. Nachdem nun auch Martin Ahlquist nicht mehr dabei ist, wird Violent Silence im Grunde genommen zu Hedmans Solo-Projekt.
Johan Hedman, anfangs Schlagzeuger der Band, spielt nun fast alles im Alleingang ein, und das bedeutet: keyboards, drums, percussion, bass guitar, effects, voice, backing vocals. Er komponierte die meisten Titel selbst und war auch für Produktion und Mix verantwortlich. Die vier längeren Songs sind Gemeinschaftskompositionen von Johan Hedman und einem weiteren Gründungsmitglied, nämlich Hannes Ljunghall, der ebenfalls Keyboards beisteuert. Diese vier Songs bilden auch den Kern des Albums, wie beispielsweise der längste Titel, das 16-minütige ‚Tectonic Plates‘, das auf das Tomita-ähnliche 20-Sekunden Intro ‚Fair Warning‘ folgt. Wird hier etwa vor den nachfolgenden rund 55 Minuten Musik gewarnt? Nun, Violent Silence mag man zu den schwedischen Symphonic Prog Bands zählen, doch sie haben in der Tat ihren ganz eigenen Sound entwickelt. Und das bedeutet, dass man weder im Wohlfühl-Symphonic-Prog schwelgt, noch avantgardistische Ansätze pflegt. Was ihren Sound ausmacht, ist ein sehr perkussiver Ansatz.
Und so ist ein wuseliges Drumming ebenso Markenzeichen wie das Tastenspiel, das eher ungewöhnlich daherkommt, denn der Protagonist setzt immer wieder mal Xylophon- oder Marimba-ähnliche Sounds ein, perfekt mit dem eigenen Schlagzeugspiel abgestimmt. Und somit wird eine sehr energetische Basis geschaffen für seine Songs. Zwar ist das komplette Album auf Keyboards ausgerichtet, doch es wirkt gar nicht mal so überladen. Und er kommt auch tatsächlich ohne Gitarre aus, was auf Anhieb nicht unbedingt auffällt.
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Was allerdings möglicherweise polarisieren wird, ist die Performance von Gastsänger Erik Forsberg, der eher rotzig daherkommt. Dies passt beispielsweise im oben erwähnten Longtrack ganz gut zum energiegeladenen, teilweise etwas hektisch wirkenden Gesamtsound des Songs, ist aber etwas gewöhnungsbedürftig. Die Songs haben viel Tempo und zeigen Ideenreichtum gerade im perkussiven Bereich. Zur Albummitte hin kommt dann auch etwas mehr Ruhe rein und Violent Silence wechseln in friedlichere, ruhige Abschnitte, um dann jedoch später wieder Fahrt aufzunehmen. Im abschließenden zweiminütigen ‚Perilous Borders‘ zeigen sie, dass sie auch in ruhig und schön können, dezente Mellotron-Untermalung inklusive.
Um die Gästeliste komplett vorzustellen, sei noch Bassist Simon M. Svensson genannt. Schön, dass Violent Silence wieder zurück sind, und das mit einem interessanten Album. Und hoffentlich gibt es nicht wieder eine Sieben-Jahres-Pause bis zum nächsten Album.
Bewertung: 10/15 Punkten (JM 10, KS 10)
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Abbildungen: Johan Hedman