Konzerterlebnisse hängen in ihrer Qualität nicht nur von der Tagesform der auftretenden Band, sondern auch immer vom klanglichen und optischen Erleben des Besuchers ab. Dass selbst die best auftrumpfenden Band die Mängel einer Location nicht immer ausgleichen kann ist tragisch, kommt aber immer wieder vor.
So geschieht es auch beim Auftritt der aus Savannah, Georgia stammenden Sludge & Progressive Metal-Institution Baroness in der Münsteraner Sputnikhalle. Viele Besucher des Abends werden meine Kritik nicht nachvollziehen können. Dies liegt wohl daran, dass die Sputnikhalle eine zweiteilige Halle ist, die in ihrer Mitte durch eine Reihe von Säulen unterteilt wird. Steht man in der linken Hälfte des Gebäudes, so hat man im vorderen Teil, dank einer Art Tanzboden, einen erhöhten und direkten Blick auf die Bühne. Zuschauer, die sich dagegen in der rechten Hälfte der Halle befinden, haben nicht nur einen durch die Säulen eingeschränkten Blick, sondern stehen, genau wie die Menschen im hinteren Teil der Halle, um einige Zentimeter niedriger als jene im Bereich vor der Bühne. Auch akustisch können die Unterschiede kaum größer sein. Während frontal vor der Bühne ein guter bis sehr guter Sound herrscht, kommt im Nachbarbereich oft nicht mehr als ein Soundbrei an.
Da die Sputnikhalle bis zum letzten Platz ausverkauft und zum Bersten gefüllt ist, verspielen all jene Menschen ihr Konzerterlebnis, die sich dazu entscheiden, einmal auszutreten bzw. sich einen Drink zu genehmigen. Glücklicherweise geschieht dies in meinem Falle erst nach den ersten sechs Liedern, sodass ich zumindest im ersten Drittel das Abends ein prima Live-Erlebnis habe.
Baroness sind, so kann man nicht anders sagen, live eine Bank. Vor allem Sänger, Gitarrist und Bandkopf John Baizley ist eine Rampensau, wie sie im Buche steht. Dass seine Bühnenpräsenz nicht zu 100 Prozent überzeugend ist, liegt weniger an ihm, als am zweiten schillernden Stern auf der Bühne, dem Neuzugang Gina Gleason (Gitarre und Gesang), die John ein um das andere die Show stiehlt. Vervollständigt wird das US-Quartett von Bassist Nick Jost und Schlagzeuger Sebastian Thomson, die ihren Frontleuten in Sachen Ausstrahlung kaum nachstehen.
Dementsprechend schnell haben Baroness das Publikum auf ihrer Seite. Schon vom ersten Song an – ‘A Horse Called Golgotha’ – hängt das Publikum an den Lippen ihre Heroen. Der Sound vor der Bühne entspricht ungefähr jenem der letzten Veröffentlichungen der Band: trotz Komprimierungen und Verzerrungen ist jedes Instrument gut erkennbar. Das ist Sludge in Reinkultur.
Vor allem zu Anfang des Sets spielen Baroness vorwiegend Songs ihres aktuellen Albums “Gold & Grey”, aber auch der 2012er Scheibe “Yellow & Green”. Was bis zur Killer-Ballade ‘Tourniquet’ ein großartiger Abend ist, kippt für mich im Anschluss, als ich mich zur Theke begebe, fast ins Gegenteil. Genervt vom Gedränge, der schlechten Sicht und dem viel schlechteren Sound im benachbarten Hallenteil, wird die großartige Musik immer mehr zur Hintergrundbeschallung.
Erst gegen Ende des regulären Sets schaffe ich es in den hinteren Teil der Halle, von wo ich zwar noch immer nichts sehen, dafür zumindest die Musik wieder vernünftig wahrnehemen kann. Zu Beginn der Zugaben wendet sich John Baizley immer wieder humorvoll ans Publikum. Erst stellt er seine Band als AC/DC vor, um dann wenige Momente später zu fragen, ob die Zuschauer Lust hätten, “some dance moves’ zu sehen. Was folgt ist ein Brett: bei ‘The Sweetest Curse’, scheint einen die Musik um die Ohren gehauen zu werden. Nicht minder knackig geht es im Anschlus mit ‘Isak’ vom “Red Album” weiter, bevor der Abend mit einem fulminanten ‘Take My Bones Away’ zu Ende geht.
Baroness werden wohl verdient abgefeiert und auch ich bin am Ende des Abends wieder bester Laune, da mein fast verkorkster Abend doch noch halbwegs gerettet worden ist.
P.S.:
Leider habe ich den niederländischen Opening Act namens Demon Eyes aus zeitlichen Gründen verpasst. Dennoch möchte ich die sympathischen Jungs kurz erwähnen, da sie mich kurz nach Ende ihres Auftrittes in ein Gespräch verwickelten und um ein Foto baten.
Text und Live-Fotos: Floh Fish
Setlist:
Baroness
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2 Kommentare
Schöner Bericht.
Nur wg. “Viele Besucher des Abends werden meine Kritik (an der Sputnikhalle) nicht nachvollziehen können”:
Ich war an dem Abend nicht dabei, hab da aber trotzdem meine Schwierigkeiten, da ich Sputnik-Halle und -Café schon x-mal gernstens erlebt habe, u.a. beim letzten – auch nicht schlecht besuchten – Alterna Sounds Festival. Wo der Sound auch neben der Bühne prima war, z.B. bei Mars Red Sky.
Man scheint das also nicht völlig verallgemeinern zu können.
Nunja, offensichtlich hatten die Soundleute Probleme und es war bei Baroness anscheinend noch voller – zu voll?
Also, ich fand die Menschenmenge grenzwertig, v.a. der Flaschenhals in Richtung Ausgang zwischen Bühne und Theke ging gar nicht.