(CD, 74:, Czar Of Crickets Productions, 2019)
Vielen ist möglicherweise gar nicht bewusst, wie viele verschiedene Sorten Sandwiches es gibt. Zwar ist es nach der Zubereitung immer ein Sandwich, egal welches Rezept man nun verwendet, doch hat jeder Sandwich seinen ganz eigenen Geschmack und möglicherweise auch Moment an den man ihn geniessen möchte.
“Paninoteca” (italienisch für “Sandwich Shop”) heißt das kürzlich erschienene Album der Lausanner Band oRSo. Die Band besteht aus drei Gitarren, einem Bass, etwas Schlagzeug (O-Ton) und explizit “No Vocals”. Die Band drone´t in zehn Songs des Albums von einem Sandwich-Rezept zum anderen. Und während man versunken mit dem Oberkörper hin und her wippt, sich fragt “Wie schmeckt denn eigentlich so ein Mitraillette”, kommen aus der Versenkung plötzlich flirrende Gitarren, angetrieben von “etwas Schlagzeug” und versetzen den Hörer in eine Trance, in der einem Baguettes, Toasts und Salatblätter um den Kopf zu kreisen scheinen.
Da wäre zum Beispiel ‘Choripan’ (auch argentinischer Hotdog genannt), mit acht Minuten eines der Stücke mit für dieses Album durchschnittlicher Länge, das mit beinahe süßlichen Gitarren beginnt, sich fulminant einem fast schon krachig, kreischenden Höhepunkt nähert, um dann ganz langsam, und behutsam den Eindruck zu erwecken ausklingen zu wollen, sich aber ein weiteres Mal zu einem dynamischen Höhepunkt aufbaut. In der Tat: Hier ist kein Gesang nötig. Der Gesang entsteht im Kopf des Zuhörers.
Ein weiterer Leckerbissen ist ‘Smörgåstårta’, eine schwedische Brottorte (ja, gibt es wirklich!), möglicherweise eines der schwierigsten Sandwich-Rezepte überhaupt, sofern man hier überhaupt noch von Sandwich sprechen kann. In diesem Song(-Sandwich) befindet sich besonders viel von dem, was diese Band ausmacht: Fast schon trancige Melodien, abwechselnd von den drei Gitarristen intoniert, eine Wand von Bass, “etwas Schlagzeug” und eine nicht enden wollenden Komposition aus einem Wechselspiel zwischen den Gitarristen und Bassist. An dieser Stelle sei aber angemerkt, dass es sich bei der “etwas Schlagzeug” Formulierung definitiv um eine maßlose Untertreibung handelt. Was auf diesem Album allein am Schlagzeug geboten wird, hätte schon für ein eigenes Instrumental-Album gereicht. So ausgeklügelt sind die Rhythmen und die Dynamik mit der die Songs vorangetrieben werden. Sei es ‘Choripan’ mit seinen teils vertrackten Rhythmen, ‘Fluffernutter’ mit einem Schlagzeug, das eher an die Rhythmusbegleitung eines klassischen Orchesters angelehnt ist, ‘Smörgåstårta’, das im letzten Drittel in ein epochales Schlagzeug-Solo mündet, oder ‘Monte Christo’, das man als zehnminütiges Schlagzeugsolo mit einigen “normalen” Passagen bezeichnen könnte.
Es scheint eher so, als sei die Musik um das Schlagzeug herum komponiert worden. Natürlich ist bei jedem der eben genannten und selbstverständlich auch allen übrigen Songs immer auch “etwas Gitarre” dabei.
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“Paninoteca” ist ein konsistentes Album, das zeigt, wie ausgereift die Band bereits ist. Jeder Song kommt als einzelnes Opus klar und kraftvoll rüber. oRSo haben einen ganz eigenen Sound, der besser wird je öfter man ihn genießt. Eben so, wie ein gutes Sandwich.
Bewertung: 12/15 Punkten (GI 12, KR 12)
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