(73:05, digital, Eigenveröffentlichung, 2015)
Logischerweise vermutet man im Zweifel erst mal, dass einem hier Jazz geboten wird. Doch Jaz hält sich nicht dran, denn die musikalische Ausrichtung ist eine andere. Wer steckt hinter dem Namen Jaz? Es handelt sich nicht um eine Band, sondern den französischen Musiker Jean Marc Corvisier, der eine beeindruckende Zahl an Soloalben fertig gestellt hat, die fast ausnahmslos als freie Downloads auf seiner Homepage angeboten werden. Veröffentlichungen in Form von CDs existieren meines Wissens nicht.
Corvisier ist Jahrgang 1962 und begann mit seinen Soloalben bereits vor über 20 Jahren. Er beschreibt sich selbst als Liebhaber der Progressive Rock-Szene der Siebziger, speziell Yes, Genesis und Pink Floyd haben es ihm angetan. Die meisten Soloalben hat er komplett im Alleingang eingespielt, bei manchen Werken arbeitete er mit musikalischen Freunden zusammen. Auf den über 30 Instrumental-Alben probiert er diverse musikalische Stilarten aus. Das beinhaltet ProgRock ebenso wie Elektronic, Psychedelic, Krautrock, Ambient oder SpaceRock.
Albumtitel wie “Ummagummanoid” oder “Stratosfear” zeigen auf, wer als Inspirationsquelle dient. Vieles hat eindeutig krautigen Charakter, wobei der Schwerpunkt meist auf der Gitarrenarbeit liegt. Auch wenn manches gelegentlich etwas billig klingt, so haben einige Alben durchaus Charme. Ich habe mir mal das bisher aktuellste Werk rausgepickt.
Die meisten Jaz-Alben weisen Spielzeiten um die 40 Minuten auf, hier jedoch hat er spielzeittechnisch ordentlich draufgelegt, was auch damit zusammenhängt, dass er seine Songs hier behutsam aufbaut und sich langsam entwickeln lässt. Vier Titel mit Spielzeiten im 17- bis 19-Minuten Bereich stellt Corvisier vor, und diese gehören zu den besten Kompositionen, die er bisher vorzuweisen hat.
‘Centropolis’ eröffnet das Album mit einer Mischung aus Ambient und Symphonic Prog. Breit angelegte Klangteppiche, von E-Gitarren und Tasten erzeugt, bestimmen die ersten Minuten. Man taucht tief ein in einen Soundkosmos mit wohliger Atmosphäre, die durch warme Mellotronsounds erzeugt wird. Nach bedächtig gestaltetem Intro wird schließlich etwas Tempo aufgenommen und die Gitarre kommt deutlicher zur Geltung. Der Rhythmus ist programmiert, was in den atmosphärischen, tastenbetonten Parts kaum bemerkt wird. Lediglich dann, wenn mehr Tempo ins Spiel kommt, fällt’s auf.
Im folgenden ‘Memory Man’ verliert sich der symphonische Ansatz ein wenig und Corvisier beschreitet eher leicht psychedelische Pfade. Ein Ansatz, den er auf vielen anderen Alben bereits gepflegt hat. Auch in den beiden anderen Longtracks tauchen Mellotronstreicher auf in einer Art, wie sie auch gerne mal in der Elektronikszene eingesetzt werden.
Das ist zwar nicht unbedingt spektakulär, aber zum Kennenlernen sei dieses Album empfohlen, es hat einige schöne Momente, speziell wenn es eher ins Elektronisch-Ambiente geht. Hierfür seien mal gut gemeinte 10 Punkte gezogen, gerade wegen der feinen ambienten Parts. Wer es lieber krautiger oder psychedelischer mag, sollte auch andere Alben des Künstlers ausprobieren, es gibt genügend Auswahl.
Bewertung: 10/15 Punkten